Europäischer Gerichtshof verurteilt Dosenpfand
14. Dezember 2004Das deutsche Dosenpfand hat von Anfang an Ärger gemacht. Seit Januar 2003 müssen Kunden für bestimmte Getränke in Dosen und Einweg-Flaschen Zwangspfand zahlen. Allerdings kommt es auch auf den Inhalt an, so dass beispielsweise Säfte weiterhin pfandfrei sind. Außerdem haben Supermärkte eine Regelungslücke in der Verpackungsverordnung gefunden, die es ihnen erlaubt, nur diejenigen Behälter zurück zu nehmen, die sie selber verkauft haben. Was harmlos "Insellösung" heißt, verursacht erhebliche Aufregung: Die Kunden müssen ihre Einweg-Flaschen nach den Läden sortieren, in denen sie sie gekauft haben - und getrennt zurückbringen.
Uneinheitliche Regelung
Was die Verbraucher ärgert, störte auch die Wettbewerbshüter in der Brüsseler EU-Kommission. Sie strengte eine Klage an vor dem EuGH in Luxemburg. Nicht das Dosenpfand kritisiert die Kommission, sondern dessen Umsetzung. Durch die uneinheitliche Rückgaberegelung in Deutschland sieht die Kommission vor allem ausländische Anbieter von Mineralwasser und anderen Getränken benachteiligt und damit einen Verstoß gegen europäisches Recht. Wegen der weiten Transportwege liefern Importeure ihre Waren nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU) zu mehr als 90 Prozent in Einwegverpackungen aus. Seitdem Anfang 2003 das deutsche Zwangspfand gilt, ist laut Berechnungen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) die Einfuhr von Getränken nach Deutschland insgesamt von 2,1 auf 1,7 Milliarden Liter zurückgegangen.
Veränderungen vorgelegt
Am Dienstag (14.12.2004) entschied nun der EuGH über die Klage der EU-Kommission. Zudem hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage zweier österreichischer Getränkehersteller gegen die Pfandregelung nach Luxemburg überwiesen. Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass es in Deutschland an einem flächendeckenden Rücknahmesystem mangele. Das sei auch nicht durch Aspekte des Umweltschutzes zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart müsse nun mit diesen Vorgaben aus Luxemburg erneut über die Klage der österreichischen Getränkehersteller entscheiden.
Beim deutschen Bundesministerium für Umwelt (BMU) als Verfasser der Verpackungsverordnung konnte man dem EuGH-Urteil einigermaßen gelassen entgegensehen, denn das Ministerium hat bereits Vorschläge für eine Veränderung der umstrittenen Verpackungsverordnung vorgelegt. Ende November hatte der Bundestag wegen der drohenden EuGH-Verurteilung die Verpackungsverordnung vereinfacht. Sie sieht nun unter anderem vor, dass die so genannte Insellösung diverser Discount-Märkte eingeschränkt wird. Verbraucher sollen nach Angaben des BMU nun ihre pfandpflichtigen Einweg-Verpackungen für Getränke überall dort abgeben können, wo welche aus dem gleichen Material - Aluminium, Plastik oder Glas - verkauft werden. Eigene Marken, Größen, Getränkearten oder Flaschenformen einzelner Herstellen spielen laut BMU zukünftig keine Rolle mehr. Allerdings sei ein Laden nicht verpflichtet, Glasflaschen zurück zu nehmen, wenn er selbst nur welche aus Plastik verkauft - und umgekehrt. Der Pfandbetrag soll einheitlich bei 0,25 Euro liegen. "Damit wird ausländischen Anbietern der Handel mit deutschen Geschäften erleichtert", sagt Thomas Hagbeck vom BMU.
Diskussionen bei den Nachbarn
In einigen EU-Ländern gibt es bereits Verpackungsverordnungen, die auch ein Zwangspfand für Einweg-Verpackungen regeln - ohne ähnlichen Ärger - beispielsweise in Schweden und Dänemark. So können die Dänen überhaupt erst seit September 2002 Bier in Dosen kaufen. Vorher waren die Aluminiumbehälter dort verboten. Seitdem kostet jede Dose eine Krone (0,13 Euro) mehr als die Bierflasche. Einweg-Flaschen und -Dosen können fast überall zurückgegeben werden. In Schweden gibt es das einheitliche Automatensystem namens "Tomra": Für die abgegebenen Einweg-Flaschen und -Dosen erhält der Kunde eine Bongutschrift am Automaten, die er im Laden einlösen kann. Oder er entscheidet sich bei der Rückgabe, dass er das Pfandgeld für einen guten Zweck spenden will. "Schweden hat es vorgemacht", sagt Hagbeck vom BMU.