Film-Emigranten
27. Mai 2007Beide Regisseure begannen Anfang der 1920er-Jahre an deutschen Theaterbühnen. Beide gingen in den 30er-Jahren nach Hollywood. Und beide haben heute als Filmregisseure ihren festen Platz in der Kinogeschichte: Der als Max Oppenheimer in Saarbrücken geborene deutsch-französische Regisseur Max Ophüls ebenso wie Douglas Sirk, der eigentlich Hans Detlef Sierck hieß und als Sohn eines dänischen Journalisten in Hamburg geboren wurde. Noch auf dem alten Kontinent wechselten sie in den 30er-Jahren das Metier und feierten im frühen deutschen Tonfilm erste Erfolge. In Hollywood schafften sie nach einigen Anfangsmühen den Durchbruch. Ophüls kehrte nach vier Filmen wieder zurück nach Europa, Sirks Karriere in den USA erwies sich als dauerhafter. Der Anbieter Kinowelt/Arthaus hat jetzt drei Filme dieser beiden Meisterregisseure aus deren Hollywood-Phase auf DVD veröffentlicht. Ein reizvoller Vergleich.
"Brief einer Unbekannten" von Max Ophüls (1947/48)
"Letter from an Unknown Woman" ist eines der großen stillen Melodramen aus den Nachkriegsjahren Hollywoods. Ein Traum in Schwarz-Weiß voller eleganter, fließender Kamerabewegungen. Ein Spiel aus Licht und Schatten, durchzogen von großer Traurigkeit und Melancholie. Ein Film mit einer unwiderstehlich verletzlich erscheinenden Joan Fontaine in der Hauptrolle. Einer der schönsten Filme von Max Ophüls.
Die literarische Vorlage stammt von Stefan Zweig. Das junge Mädchen Lisa verliebt sich im Wien des Jahres 1900 in den blendend aussehenden, aber leichtlebigen Frauenschwarm Stefan. Erst nach Jahren bemerkt sie, dass hinter der eleganten Persönlichkeit nur ein oberflächlicher Beau steckt. Max Ophüls sah "Letter from an Unknown Woman" als seinen ganz persönlichen Film an, mit dem er auch hoffte, endlich als einer der führenden Regisseure in Hollywood anerkannt zu werden. Beifall erhielt Ophüls zunächst nur von zahlreichen Kollegen wie Preston Sturges und Joseph Losey, aber sein künstlerischer Ruhm blieb beschränkt auf einen Zirkel von Künstlern und Filmliebhabern. Erst die enthusiastische Aufnahme des Films in England wertete "Letter from an Unknown Woman" bei einem breiteren Publikum auf, heute gilt er als einer der bedeutensten Filme von Max Ophüls.
"Angelockt" (1946) und "Schlingen der Angst" (1947) von Douglas Sirk
Sirk ist vor allem mit seinen großen Hollywood-Melodramen aus den 1950er-Jahren bekannt geworden, "All that heaven allows" oder "Written on the wind" mit Stars wie Rock Hudson und Lauren Bacall sind heute Legenden. Auch seine frühen, noch in Deutschland entstandenen Melodramen "Schlussakkord" und "Zu neuen Ufern" mit Zarah Leander sind berühmt. Die jetzt vorliegenden frühen Hollywood-Arbeiten "Angelockt" und "Schlingen der Angst" aus der unmittelbaren Nachkriegszeit sind dagegen echte Entdeckungen.
In "Angelockt" wird eine von Lucille Ball charmant gespielte Tänzerin als Lockvogel für einen Frauenmörder eingesetzt. Ein "fesselnder Kriminalfilm, der den Krimi englischer Tradition ironisch parodiert; gut gespielt, mit dichter Atmosphäre", wie das "Lexikon des internationalen Films" schreibt.
"Schlingen der Angst" ist ein spannender Thriller mit Hitchcock-Anklängen sowie ein paar komödiantischen und melodramatischen Einschüben. Ein Mann will sich seiner Frau entledigen. Dabei greift er zu einem komplizierten Mordplan, bei dem die Ehefrau unter Hypnose in einen Verfolgungswahn und in den Selbstmord getrieben werden soll. In der weiblichen Hauptrolle der Hollywood-Star Claudette Colbert, über die Douglas Sirk sagte: "Was ich aus Claudette Colbert machen wollte, war eine dieser uneindeutigen Figuren, um die es mir ja immer geht. Das einzig interessante war diese gespaltene Persönlichkeit."