Am Ende des Weges?
27. Juni 2015Die Staatspleite scheint inzwischen unausweichlich. "Es sieht so aus, als ob wir in Richtung Grexit gehen“ - mit diesem Satz soll sich der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis nach gut zwei Stunden von seinen Kollegen in der Eurogruppe verabschiedet haben. Der Grieche hatte zuvor von den Gläubigern eine weitere Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms um einen Monat verlangt. Ziel der Regierung in Athen war, das in der letzten Nacht plötzlich angekündigte Referendum abhalten zu können, ohne dass am kommenden Dienstag der Bankrott droht. Aber zu dieser weiteren Zumutung der griechischen Seite sagte die Mehrheit seiner Kollegen: Nein! Es gibt keine Verlängerung mehr.
Nachdem das klar war, schickten die Finanzminister ihren griechischen Kollegen nach Hause. Es gab eine Unterbrechung, danach begannen die verbleibenden 18 Mitglieder der Gruppe über die Konsequenzen zu beraten. Es kam so, wie unter anderem Wolfgang Schäuble schon am Mittag erklärt hatte: "Die Griechen haben einseitig die Verhandlungen beendet. Wir werden sehen, was daraus folgt."
Referendumsnachricht über Twitter
Am 30. Juni läuft das Hilfsprogramm für Griechenland aus. Am gleichen Tag wird die Zahlung von 1,6 Milliarden für den IWF fällig. Der Währungsfonds hatte schon vor Tagen abgelehnt, Athen eine weitere Fristverschiebung zu gewähren. Jetzt kann es nur noch um die Folgen für die Eurozone gehen, wenn formell für Griechenland die Staatspleite erklärt wird.
Der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem erklärte genau, wie es zu diesem abrupten Ende gekommen ist: "Die Gespräche zwischen beiden Seiten sind in der vergangenen Nacht [nach dem Gipfel der Regierungschefs, Anm. d. Red.] fortgesetzt worden. Dann wurden die griechischen Vertreter plötzlich aus dem Raum gerufen und mussten die Sitzung verlassen." Über Twitter sollen sie Minuten vorher die Meldung von dem Referendum erhalten haben. Damit seien die Verhandlungen effektiv beendet gewesen. Kurz darauf, so Dijsselbloem, habe man dann den Grund verstanden. Alexis Tsipras trat im Fernsehen auf, lehnte das letzte Angebot der Gläubiger öffentlich ab und empfahl den Griechen, am nächsten Sonntag dagegen zu stimmen. "Das ist ausgesprochen unfair gegenüber dem griechischen Volk", fügte der Niederländer hinzu.
Die Entscheidung liegt jetzt bei der EZB
"Wir haben größte Flexibilität gezeigt in der Eurogruppe", so Dijsselbloem. Die Griechen durften geforderte Reformen durch andere Maßnahmen ersetzen, nur die Zahlen mussten am Ende stimmen. Auch waren zuletzt zusätzliche Milliarden aus dem Bankenrettungsfonds bereitgestellt worden, damit Griechenland die Zeit bis zum November finanziell überstehen könnte. Er bedauere es wirklich, betonte der Eurogruppen-Chef schließlich, aber am kommenden Dienstag werde das Hilfsprogramm auslaufen, das seit Februar Grundlage der Verhandlungen zwischen Gläubigern und griechischer Regierung war. Er wies auch Vorstellungen zurück, Athen könne später zurückkommen und einen noch besseren Deal bekommen, falls die Griechen für eine Vereinbarung mit der Eurozone stimmen sollten.
Das Parlament solle jetzt darüber nachdenken, welche Risiken für Griechenland in den nächsten Wochen entstehen. Keine Antwort gab es von Dijsselbloem zur Frage nach einer Fortsetzung der EZB-Hilfskredite für die griechischen Banken. Seit Monaten hängen sie am Tropf der wöchentlichen Zahlungen, ihr Limit in Frankfurt liegt inzwischen bei rund 90 Milliarden Euro. "Das ist eine Frage für die Europäische Zentralbank, sie entscheidet unabhängig“, stellte der Vorsitzende der Eurogruppe klar. EZB-Präsident Mario Draghi hatte wiederum vor einigen Tagen erklärt, die Zahlungen seien an das laufende Hilfsprogramm gebunden. Der Rat der Zentralbank will am Sonntag über diese Frage entscheiden.
Varoufakis sieht Schuld bei Gläubigern
Die Lesart der griechischen Seite klingt erwartungsgemäß anders: Der Vorschlag der Gläubiger war nicht tragfähig, behauptete Finanzminister Varoufakis vor der Presse. Es sei nicht genug Geld dagewesen, um eine wirtschaftliche Kehrtwende bis November herbeizuführen. Außerdem hätte es bis dahin ständig Überprüfungen von Reformschritten geben sollen. "Das war kein Plan, um Investoren und Verbrauchern Hoffnung auf eine Konsolidierung zu geben“, so der griechische Finanzminister. Man hätte ja noch drei Tage gehabt, um weiter zu verhandeln, und bis dahin ein besseres Angebot zu erreichen. Es werde die demokratische Glaubwürdigkeit der Eurogruppe beschädigen, dass sie jetzt die geforderte Verlängerung ablehnt habe.
Das aber, so hatten bereits die Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen zuvor klar gemacht, war für die Gläubiger keine Option mehr. Das Spiel ist erst einmal vorbei. Jetzt geht es um die Konsequenzen.