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Abschiebehaft muss reformiert werden

17. Juli 2014

Migranten müssen vor ihrer Abschiebung aus Deutschland in speziellen Einrichtungen einquartiert werden. Ihre Unterbringung im gewöhnlichen Gefängnis verstößt gegen die Menschenwürde, befand der Europäische Gerichtshof.

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Illegale Einwanderer auf einem Parkplatz unter Polizeibewachung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Freiheitsentzug der Abschiebehäftlinge sei keine Strafe, deshalb müssten die Migranten laut der EU-Rückführungsrichtlinie "grundsätzlich" in speziellen Hafteinrichtungen untergebracht werden, argumentierten die Richter in Luxemburg. Dabei seien auch die "besonderen Bedürfnisse" ihrer Familien und Kinder zu berücksichtigen.

Bundesländer, die das nicht leisten können, müssen die Betroffenen deshalb in andere Länder verlegen, die über entsprechende Möglichkeiten verfügen, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil weiter entschied. Das Luxemburger Urteil ist für deutsche Gerichte bindend. Anlass waren Klagen von Abschiebehäftlingen in Hessen und Bayern, die gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht und auch wie diese behandelt worden waren.

Verstoß gegen die Menschenwürde von Migranten

Der Gerichtshof folgte mit seiner Entscheidung einem Antrag seines Generalanwalts Yves Bot, der die Unterbringung der Betroffenen in gewöhnlichen Gefängnissen als Verstoß gegen die "Menschenwürde von Migranten" kritisierte. Bislang haben die meisten deutschen Bundesländer keine eigenen Zentren für Menschen, die auf ihre Abschiebung warten.

Nach Angaben der Organisation Pro Asyl kombinieren derzeit sechs Bundesländer die Straf- und die Abschiebehaft in der Praxis: Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Andere Länder haben mit Blick auf das anstehende EuGH-Urteil provisorische Maßnahmen ergriffen, sie überstellten beispielsweise Häftlinge in benachbarte Bundesländer, wie dies jetzt auch die Richter fordern.

Selten Besuch, wenige Telefonate...

Menschenrechtsanwälte kritisieren seit langem, dass Migranten in den Haftanstalten sehr strengen Bedingungen unterliegen: So dürfen sie beispielsweise nur selten Besuch empfangen, kaum telefonieren oder kein Bargeld besitzen. Viele dieser Menschen hätten tatsächlich Anspruch auf internationalen Schutz und seien nur deshalb inhaftiert, weil sie unter den EU-Zuständigkeitsregeln in ein anderes EU-Land gebracht würden, erläuterte Pro Asyl.

Das Gericht entschied überdies, dass Abzuschiebende selbst dann nicht mit gewöhnlichen Häftlingen zusammengelegt werden dürfen, wenn sie dem selbst zustimmen. Eine Vietnamesin hatte in Bayern eine entsprechende Unterbringung akzeptiert, um mit Landsleuten zusammen sein zu können.

se/gmf (dpa, epd, kna, afp)