EU will mit Etatkontrollen Staatskrisen bannen
7. September 2010Die EU-Staaten lassen sich bei ihren Finanzplänen in Zukunft früher auf die Finger schauen. Das sieht zumindest die neue Haushaltskontrolle vor, auf die sich die Finanzminister der Europäischen Union am Dienstag (07.09.2010) geeinigt haben.
Einigung auf Europäisches Semester
Die 27 Ressortchefs beschlossen in Brüssel das so genannte "Europäische Semester". Die Regierungen müssen danach jeweils bis zum April ihre Haushaltsplanung in Brüssel einreichen und von der Kommission sowie dem Rat der Finanzminister absegnen lassen, bevor sie mit ihren nationalen Parlamenten in die Feinabstimmung gehen.
Inhaltlich wird geprüft, ob die Pläne den Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt und den wirtschaftspolitischen Leitlinien der EU entsprechen. Der Pakt hat zum Ziel, die Neuverschuldung unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Schuldenstand unter 60 Prozent zu halten. Wegen der Finanzkrise liegen die Defizite in fast allen EU-Staaten weit über der Grenze.
"Vorbeugende Budgetüberwachung"
Er werbe bereits seit 2005 für das "Europäische Semester", hatte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker vor der Sitzung betont. Dass die Frühabstimmung nun endlich beschlossen sei zeige, dass sich die Vernunft manchmal doch durchsetze. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, mit der "vorbeugenden Budgetüberwachung" sollten die großen Linien der nationalen Haushaltsplanungen untersucht werden.
Besonders die Griechenland-Krise hatte gezeigt, dass die EU-Institutionen mit der Budgetüberwachung bisher hinterherhinken. Die Höhe der griechischen Neuverschuldung wurde viel zu spät bekannt. Die jetzt beschlossene bessere Koordinierung ist das erste konkrete Resultat einer hochrangigen Minister-Arbeitsgruppe, die seit dem Frühjahr unter Vorsitz von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy tagt.
Etathoheit bleibt bei den EU-Ländern
Kritiker halten die geplanten Abgleichungsprozeduren allerdings für zu unverbindlich, weil die EU nicht wirklich in die nationalen Budgetaufstellungen eingreifen könne. Denn so bleibt beispielsweise die Budgethoheit des Bundestags und der anderen nationalen Parlamente unangetastet. Das setzten Länder wie Deutschland und Frankreich durch.
Ganz ohne Wirkung soll diese Kontrolle aber nicht sein. So verspricht sich die EU-Kommission von der gemeinschaftlichen Überprüfung einen Gruppendruck, um überhöhte Staatsdefizite zu vermeiden. Derzeit laufen gegen 24 der 27 EU-Staaten Strafverfahren wegen Verstoßes gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt.
Autorin: Marion Linnenbrink (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Annamaria Sigrist