Urteil zu Homosexualität als Asylgrund
2. Dezember 2014Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat der Glaubwürdigkeitsprüfung bei Asylbewerbern, die sich wegen ihrer Homosexualität verfolgt sehen, enge Grenzen gesetzt. Behörden seien zwar berechtigt, die Darstellung der Antragsteller zu prüfen, es dürften aber zum Beispiel keine Fragen zu sexuellen Praktiken gestellt werden, heißt es in einem Urteil des Gerichtshofs. Zur Begründung verwies er auf das Grundrecht der Menschenwürde und Achtung des Privatlebens.
Im Ausgangsverfahren hatten drei Männer aus Sierra Leone, Senegal und Uganda in den Niederlanden Asyl wegen Verfolgung aufgrund ihrer Homosexualität beantragt. Dies ist in der Europäischen Union seit 2013 ein Asylgrund. Die Behörden wiesen den Antrag mit der Begründung ab, die Angaben zur sexuellen Ausrichtung seien unglaubwürdig. Einer der Männer hatte in dem Verfahren angeboten, seine Homosexualität in einem Test zu beweisen. Ein weiterer hatte ein Video vorgelegt, das ihn bei entsprechenden Handlungen zeigte.
Nach dem Einspruch der Betroffenen gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge legte ein niederländisches Gerecht dem EuGH die Frage zu den Grenzen einer Glaubhaftigkeitsprüfung vor. Der Gerichtshof entscheidet allerdings nicht über der nationalen Rechtsstreit. Es bleibt Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des EuGH zu befinden.
Individuelle Lage und persönliche Umstände
Die Luxemburger Richter kamen nun zu dem Schluss, dass die Glaubwürdigkeitsprüfung die individuelle Lage sowie die persönlichen Umstände des Betroffenen einschließlich seines familiären und sozialen Hintergrunds berücksichtigen muss. So könne bewertet werden, ob der Antragsteller in seinem Herkunftsland wegen seiner sexuellen Orientierung verfolgt worden sei.
Dabei dürfen Behörden aber weder nach sexuellen Praktiken fragen, noch akzeptieren, dass Antragsteller freiwillig "homosexuelle Handlungen vornehmen, sich etwaigen Tests zum Nachweis ihrer Homosexualität unterziehen oder auch Beweise wie Videoaufnahmen intimer Handlungen vorlegen". All diese Mittel verletzten die Menschenwürde der Betroffenen. Sie hätten darüber hinaus auch "nicht zwangsläufig Beweiskraft", erklärte der Gerichtshof.
Würden solche freiwilligen Beweise der Betroffenen zugelassen, könnte dies nach Auffassung des Gerichtshofs "de facto darauf hinauslaufen, dass von ihnen solche Beweise verlangt würden". Das Gericht betonte überdies, dass Antragsteller nicht schon deshalb als unglaubwürdig eingestuft werden dürfen, weil sie zunächst zögerten, intime Aspekte ihres Lebens zu offenbaren und ihre Homosexualität anzugeben.
(Az. C-148/13 u.a.)
kle/cr (afp, kna, dpa, http://curia.europa.eu)