EU sucht verzweifelt Führungsnation für Kongo-Einsatz
10. Februar 2006Die Europäische Union steht bei der Planung eines möglichen Einsatzes von Soldaten zur Absicherung der Wahlen im Kongo vor unerwarteten Problemen: Die EU verschob eine ursprünglich für diesen Freitag (10.2.2006) geplante Sitzung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK) vor allem deshalb, weil kein Land den Einsatz führen wolle, sagten Diplomaten in Brüssel. Ursprünglich wollte die Kongo-Erkundungsmission der Union in der Sitzung ihren Bericht über die Lage in dem zentralafrikanischen Staat vorlegen.
Dieser Bericht, der auch Handlungsempfehlungen enthalten sollte, wird nun überarbeitet. Die EU wird erst in der kommenden Woche - vermutlich am Dienstag (14.2.) - entscheiden, ob sie ihre Mitglieder um einen Einsatz in dem ehemaligen Zaire bittet.
Keine Führungsrolle für Bundeswehr
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung bekräftigte am Rande eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister am Freitag im sizilianischen Taormina, die Bundeswehr werde bei einem möglichen Militäreinsatz im Kongo keine Führungsrolle übernehmen: "Ich glaube, dass wir eine gemeinsame Verantwortung in Europa haben und dass wir nicht eine deutsche Führungsrolle dort haben", sagte der CDU-Politiker.
Bislang sei noch nicht entschieden, ob ein EU-Einsatz im Kongo überhaupt notwendig sei, betonte Bundesverteidigungsminister Jung. Sollte dies aber der Fall sein und die Vereinten Nationen die EU um Hilfe bitten, "werden wir uns einer derartigen Aufforderung nicht verweigern". Zugleich wolle er aber auch "keine Spekulationen nähren", bis zu welcher Größenordnung sich die Bundeswehr an einem solchen Einsatz beteiligen würde, sagte Jung.
Jung reagierte damit auf einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt" am Freitag. Das Blatt berichtete unter Berufung auf Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages, dass sich die Bundeswehr auf jeden Fall an einem europäischen Einsatz im Kongo beteiligen werde. Dies sei der klare Wille von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die damit ein Signal der Zusammenarbeit mit Frankreich geben wolle. Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Friedbert Pflüger, bezeichnete diesen Bericht als "reine Spekulation".
Wahlen im Kongo verzögern sich
Noch vor den Äußerungen Jungs hatten bereits Großbritannien und Frankreich wissen lassen, dass sie den Kongo-Einsatz der EU nicht führen wollten. Die EU selbst verfügt bisher noch nicht über ein eigenes Hauptquartier, von dem aus ein Kongo-Einsatz geleitet werden könnte.
Die UN hatte die Europäische Union gebeten, die 17.000 in Kongo stationierten UN-Soldaten durch zusätzliche Truppen zu ergänzen, die die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen absichern und Ausschreitungen verhindern sollen.
Derweil verzögern sich die ursprünglich für den 29. April 2006 geplanten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo. Der Wahlgang werde frühestens Ende Mai, möglicherweise auch erst Mitte Juni stattfinden, bestätigten diplomatische Quellen in Kongos Hauptstadt Kinshasa am Freitag. Die neue Verfassung, die am Samstag (11.2.2006) in Kraft tritt, setzt eine Frist bis Ende Juni. Es sind die ersten freien Wahlen seit der Unabhängigkeit Kongos im Jahr 1960. (ana)