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EU-Spitze verteidigt Türkei-Flüchtlingsdeal

13. April 2016

Mangelnde Solidarität in der EU bei der Flüchtlingskrise ist mit ein Grund für das Abkommen mit Ankara, wie Kommissionspräsident Juncker betont. Ratspräsident Tusk warnt vor neuen Flüchtlingsströmen Richtung Italien.

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Irakische und syrische Flüchtlinge im griechischen Brennpunkt Idomeni (Foto: DW)
Irakische und syrische Flüchtlinge im griechischen Brennpunkt IdomeniBild: DW/S. Amri

Für die politische Spitze der Europäischen Union ist das vor einigen Wochen mit der Türkei geschlossene Abkommen über die Rücknahme von Flüchtlingen aus Griechenland derzeit der einzig gangbare Weg. "Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, dass es eine ideale und hundertprozentig effektive Lösung gibt", machte EU-Ratspräsident Donald Tusk vor dem Europaparlament in Straßburg deutlich.

Flüchtlingsrettung im Mittelmeer

Für jeden aus Griechenland in die Türkei abgeschobenen Syrer soll laut der Vereinbarung ein anderer Syrer legal in die EU einreisen dürfen. "Um wahre Europäer zu sein, müssen wir offen und tolerant sein und zugleich hart und effektiv", meinte Tusk weiter.

Warnung vor Flüchtlingsstrom via Mittelmeer

Gleichzeitig warnte er nach Abriegelung der sogenannten Balkanroute vor einem neuen dramatischen Anstieg der Flüchtlingszahlen Richtung Italien und Nordeuropa. Nach seinen Worten gibt es eine "alarmierende" Anzahl von Menschen, die derzeit in Libyen auf eine Fluchtmöglichkeit über das Mittelmeer Richtung Italien warteten. Deshalb müsse sich die EU auch solidarisch mit den Mitgliedsländern Malta und Italien zeigen, wenn diese darum bäten.

EU-Kommissionspräsident Juncker: (Foto: rtr)
EU-Kommissionspräsident Juncker: Wir müssen mit der Türkei zusammenarbeitenBild: Reuters/V. Kessler

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verwies darauf, dass die Vereinbarung mit Ankara wegen mangelnder Solidarität innerhalb der EU nötig gewesen sei. Es gebe mehr als genug Themen, bei denen die EU und die Türkei unterschiedlicher Meinung seien.

Zugleich schloss er eine nachgiebigere Haltung der EU gegenüber Ankara wegen des Migrantenabkommens aus: "So sehr wir die Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage schätzen, so unverändert ist unsere Haltung in anderen Fragen, wenn es etwa um Grundwerte wie die Pressefreiheit geht." Die EU-Kommission führt mit der Türkei Verhandlungen über einen EU-Beitritt und plant in dem Zusammenhang auch die Bewertung der Presse- und Meinungsfreiheit in dem Land.

Kritik an türkischer Reaktion auf deutsche Satire

Juncker ging auch auf das Verhalten der türkischen Führung nach dem satirischen Beitrag in der ARD-Sendung "extra 3" über Erdogan ein. "Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, dass ein deutscher Botschafter wegen eines zugegebenermaßen unmöglichen satirischen Liedes einbestellt wird", erklärte Juncker vor den Parlamentariern in Straßburg. In dem Lied war Erdogans Umgang mit der politischen Opposition kritisiert worden.

Das bringe die Türkei nicht näher an die EU, sondern entferne sie, unterstrich der EU-Kommissionspräsident. Die Strafanzeige Erdogans gegen den deutschen Satiriker Jan Böhmermann erwähnte Juncker nicht.

Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, kritisierte das Vorgehen Erdogans gegen deutsche Satire-Fernsehsendungen ebenfalls. "Wir haben ihm schon die Schlüssel zu Europas Toren gegeben, nun laufen wir Gefahr, ihn auch unsere Redaktionen und Medien kontrollieren zu lassen", sagte der belgische Politiker.

se/ml (rtr, afp, dpa)