EU setzt Regime in Syrien weiter unter Druck
27. Februar 2012Mit verschärften Strafmaßnahmen soll Staatschef Baschar al-Assad zu einem Ende der Gewalt gezwungen werden. Die Außenminister der Europäischen Union beschlossen bei einem Treffen in Brüssel, sämtliche europäischen Konten der syrischen Zentralbank einzufrieren und verhängten ein Embargo für Diamanten, Gold und andere Edelmetalle.
Zudem wurden syrische Frachtflüge nach und aus Europa untersagt sowie sieben weitere Minister aus dem Kabinett Assads mit Kontensperrungen und Reiseverboten belegt.
Assad soll gehen
In einer scharfen Erklärung machten die Außenminister der 27 EU-Länder klar, dass Assads Regime "für die Taten zur Verantwortung gezogen wird". Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte das Verfassungsreferendum vom Sonntag, mit dem Assad den Konflikt entschärfen wollte, eine "Farce". Assad müsse endlich die Gewalt stoppen und den Weg für einen politischen Übergang freimachen. Fast 7500 Menschen sind laut internationalen Organisationen seit Beginn der Unruhen vor elf Monaten getötet worden.
Die bisherigen Sanktionen der EU, unter anderem ein Öl-Embargo, konnten die Gewalt nicht eindämmen. Dennoch sollen Assads Einnahmen weiter ausgetrocknet werden. Die Zentralbank ist die 38. Institution, deren Geldkanäle nach Europa geschlossen werden.
Zivilisten sollen verschont werden
Das Verbot syrischer Frachtflüge soll aber nicht dazu führen, dass die Bevölkerung getroffen wird. Frachtlieferungen europäischer Gesellschaften nach Damaskus bleiben deswegen auch erlaubt.
Die Liste der Regimeangehörigen, die mit Kontensperrungen und Einreiseverboten belegt wurden, wurde um sieben auf 124 Personen erweitert. Es handelt sich um wichtige Minister Assads.
Unter ihnen ist der Gesundheitsminister, der für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird. "Wir können nicht akzeptieren, dass in Krankenhäusern Kinder ermordet und Frauen vergewaltigt werden", erläuterte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn.
Fast 90 Prozent für Verfassungsänderung
Derweil wurde in Syrien das Ergebnis des Verfassungsreferendums vom Sonntag bekannt. Das staatliche Fernsehen berichtet von 89,4 Prozent Zustimmung zu den Änderungen. Allerdings lag die Beteiligung nach den Angaben lediglich bei gut 57 Prozent.
Die Bevölkerung sollte darüber abstimmen, ob ein Artikel aus der Verfassung gestrichen wird, der der Baath-Partei die Alleinherrschaft garantiert. Zudem soll der Präsident nur noch zwei Amtszeiten mit einer Dauer von jeweils sieben Jahren regieren dürfen. Da diese Regelung aber nicht nachträglich wirksam wird, könnte Assad bis 2028 an der Macht bleiben.
Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, die Volksabstimmung habe mit Demokratie nichts zu tun. Lediglich die russische Regierung lobte die Abstimmung als wichtigen Reformschritt. In drei Monaten soll ein neues Parlament gewählt werden.
Homs wieder unter Beschuss
Auch am Montag ließ Assad weiter auf Demonstranten schießen. 135 Menschen seien getötet worden, berichteten syrische Menschenrechtsaktivisten von den lokalen Koordinierungsbüros. Demnach sollen in der Rebellenhochburg Homs 64 Zivilisten an einem Kontrollpunkt der Armee regelrecht abgeschlachtet worden sein. Die Menschen hätten versucht, sich aus dem heftig beschossenen Stadtteil Baba Amr in Sicherheit zu bringen. Unter den Opfern seien auch Frauen, Kinder sowie desertierte Soldaten. Eine unabhängige Überprüfung der Berichte ist nicht möglich, da ausländischen Journalisten kaum Zugang haben.
Darüber hinaus bemüht sich die EU weiter, die noch zersplitterte Opposition zu einigen. Der syrische Nationalrat wurde - nach einem entsprechenden Beschluss der "Freunde Syriens" vom Freitag in Tunis, nun auch von der EU anerkannt. Aber nur als "eine legitime Partei, mit der gesprochen wird".
Weil es aber auch andere Gruppierungen gebe, wurden alle Parteien aufgerufen, sich auf gemeinsame Prinzipien für den Wiederaufbau nach einem Ende des Assad-Regimes zu einigen.
uh/as/gri (dpa, rtr, dapd)