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Vierergipfel in Rom

Bernd Riegert21. Juni 2012

Vierer-Gipfel in Rom: Frankreich, Spanien und Italien wollen in der einen oder anderen Form Geld von Deutschland, doch bisher hat sich die Kanzlerin quer gestellt. Die Not für Spanien und Italien ist aber groß.

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Angela Merkel zu Gast bei Mario Monti in Rom (Foto: AP/dapd)
Bild: dapd

Die Kosten für Staatsanleihen könne Spanien nicht mehr lange tragen, gestand der Generalsekretär des Spanischen Bankenverbands (AEB), Pedro Pablo Villasante, ein, kurz bevor sich die vier wichtigsten Staaten der Eurozone am Freitag (22.06.2012) in Rom zum Mini-Gipfel versammeln. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy braucht nicht nur bis zu 100 Milliarden Euro, um die maroden Banken Spaniens zu stützen, sondern er sucht dringend Käufer für spanische Staatsanleihen. Für die muss Spanien auf dem freien Markt Rekordzinsen zahlen. Die Kosten für italienische Staatsanleihen wachsen dem Gastgeber des Vierer-Gipfels, Mario Monti, bald über den Kopf. Mario Monti schlägt deshalb vor, dass die europäischen Partner italienische Staatspapiere kaufen sollten. Monti möchte jetzt erreichen, dass die Europäische Zentralbank - wie schon im letzten Jahr - italienische und spanische Staatsschulden massiv aufkauft.

Gastgeber Italien in Bedrängnis

Die EZB zögert aber wegen der großen Risiken für die eigene Bilanz. EZB-Vorstand Benoit Coeure schlägt deshalb vor, der Rettungsfonds der Euro-Länder solle die Staatsanleihen kaufen. Der EFSF habe dazu die Mittel, so Coeure. Den Ankauf von Schuldentiteln durch den EFSF will Mario Monti, der das zunächst auch vorgeschlagen hatte, jetzt lieber vermeiden. Die italienische Zeitung "Corriere della Sera" schreibt, Monti schrecke vor einer Rettungsaktion durch den Notfonds zurück. Eine Rettungsaktion könnte ihn das Amt kosten. Denn die Kritik an seiner Regierung wird in Italien lauter. Die Parteien, die ihn bislang unterstützt haben, weigern sich im Moment, eine wichtige Reform des Arbeitsmarktes zu billigen. Nach italienischen Medienberichten könnte Monti gezwungen sein zurückzutreten, falls Italien tatsächlich die Hilfe des europäischen Rettungsfonds brauchen sollte. Im Herbst könnten dann Neuwahlen in Italien folgen. "Die Länder, die sich Mühe geben, sollten nicht durch abnormal hohe Schulden bestraft werden", sagt Monti und sieht Europa in der Pflicht.

Mariano Rajoy, spanischer Ministerpräsident (Foto: dpa)
Das Ende der Fahnenstange: Mariano RajoyBild: picture-alliance/dpa

"Monti hat nicht genug getan, um das italienische Wirtschaftswachstum anzukurbeln", analysiert Professor Oliviero Roggi von der Universität Florenz. "Wir steigen in den 'griechischen' Teufelskreis der Rezession ein. Der führt zu Firmenpleiten. Dann geht der Staat pleite. Dann ist ein bail-out, eine Rettungsaktion unvermeidbar", sagte Professor Roggi der Zeitung "Financial Times".

Merkel lehnt Übernahme neuer Risiken ab

Deutschland zeigt Monti im Moment noch die kalte Schulter. Bundeskanzlerin Merkel lehnt, wie zuletzt auf dem G20-Gipfel geschehen, eine wie auch immer geartete Vergemeinschaftung von Schulden oder Haftung für Altschulden ab. Merkel sagte schon vergangene Woche bei einer Rede vor einem Gremium ihrer konservativen Partei, gemeinsame Haftung könne es nur geben, wenn es auch gemeinsame Kontrolle gebe. "Es kann nicht sein, dass wir Haftung vergemeinschaften und Kontrolle in der nationalen Zuständigkeit belassen", sagte die Bundeskanzlerin vor dem CDU-Wirtschaftsrat.

Frankreichs Präsident Hollande (Foto: wa)
Hollandes Herzenswunsch: EurobondsBild: Reuters

Gemeint ist vor allem der neue französische Staatspräsident Francois Hollande. Der wird auch in Rom wieder Eurobonds, also gemeinschaftliche Staatsanleihen fordern. Frankreich ist aber im Moment nicht bereit, Souveränität über seine Haushaltspolitik als Gegenleistung aufzugeben und einer echten politischen Union zuzustimmen. EU-Diplomaten erwarten auf diesem Feld in Rom keine Fortschritte. Hollande räumte aber ein, dass man Partner brauche und bis zum EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel einen Konsens erreichen müsse.

Zeitplan für permanenten Rettungsfonds in Gefahr

Auch das Thema Bankenunion wird in Rom wahrscheinlich noch einmal besprochen. Deutschland steht der vorgeschlagenen gemeinsamen Haftung für Risikobanken in ganz Europa skeptisch gegenüber. Erst müsse eine gemeinsame Bankenaufsicht geschaffen werden, heißt es aus dem Kanzleramt.

Italiens Gewerkschaften protestieren gegen Montis Reformen (Foto: AP)
Italiens Gewerkschaften protestieren gegen Montis ReformenBild: picture-alliance/dpa

Die Bundeskanzlerin ist allerdings selbst auch unter innenpolitischem Druck, weil das Gesetzgebungsverfahren für den permanenten Rettungsfonds (ESM) wohl nicht mehr rechtzeitig vor dem 1. Juli abgeschlossen werden kann. Außerdem drohen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Das höchste deutsche Gericht hatte der Regierung gerade vorgeschrieben, das Parlament an den Verträgen für Rettungsmaßnahmen besser zu beteiligen.

Europa in der Pflicht

Beim G20-Gipfel in Los Cabos hatten die Europäer zugesagt, sie wollten die Eurozone stabilisieren. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten in Spanien und Italien wird es wohl schwer, dieses Versprechen einzulösen. In Rom müssen die vier Staats- und Regierungschefs nun eine gemeinsame Haltung finden, damit beim EU-Gipfel in Brüssel mit allen 27 Staaten weitergehende Reformen der EU besprochen werden können. Schließlich sollte eine wirkliche Finanzunion das Ziel bleiben, meint zumindest der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet.

Trichet ist mittlerweile Chef der Brüssler Denkfabrik "Bruegel". Er sieht eine tief greifende Krise der entwickelten Staaten nicht nur in Europa, sondern weltweit. "Wir müssen damit beginnen, in Europa eine ökonomische Föderation zu schaffen. Die muss auf Akzeptanz gegründet sein. Das Europäische Parlament muss beteiligt werden. Es muss verhindert werden, dass ein Staat die gesamte Region in Schwierigkeiten stürzen kann", so Trichet in einer Stellungnahme zur akuten Krise in Europa.

Fußball geht vor

Trotz der Fülle an heiklen Themen hat Angela Merkel nur knapp drei Stunden für das Treffen in Rom eingeplant. Sie will pünktlich wieder in den Flieger steigen, um rechtzeitig im Fußballstadion in Danzig sein zu können. Dort spielt Deutschland gegen Griechenland im Rahmen der UEFA Euro 2012. Italiens Regierungschef hatte den Vierer-Gipfel auf Bitten Merkels mehrere Stunden vorgezogen.