EU könnte UN-Beobachter absichern
18. April 2012Die Nachrichten aus dem Krisengebiet selbst gaben Anlass zu größter Sorge: Landesweit wurden nach Angaben von Aktivisten der Opposition allein am Dienstag mindestens 77 Menschen bei Angriffen oder durch Beschuss der syrischen Regierungstruppen getötet. Dies wäre die höchste Opferzahl seit Inkrafttreten der Waffenruhe am 12. April.
Die Delegation der Vereinten Nationen konnte noch keinen entscheidenden Erfolg in den Verhandlungen mit der Regierung in Damaskus vermelden. Immerhin durfte das Vorausteam aber die Provinz Daara besuchen, aus der zuvor ein Andauern des Blutvergießens gemeldet worden war. "Wir können sagen, wir sind vorangekommen", berichtete der Chef der UN-Beobachter, der Marokkaner Ahmed Himmiche (Bild oben Mitte). Zuvor hatte er von einer schwierigen Aufgabe gesprochen. "Keine Waffenruhe, nicht einmal der Beginn eines politischen Prozesses. Diese Mission wird eine der härtesten, die die Vereinten Nationen jemals unternommen haben", so sein Kommentar.
Unterdessen erhoben UN-Diplomaten in New York den Vorwurf, die syrische Führung sperre sich gegen eine verbindliche Vereinbarung über den Einsatz von Beobachtern im Land. Die Verhandlungen über eine ungehinderte Arbeit der Mission in ganz Syrien seien zum Erliegen gekommen, sagte ein Diplomat. Es bestehe "das Risiko, dass die Syrer insgesamt nicht zustimmen". Ein anderer Diplomat sprach von einem "Stillstand", den Syriens Staatschef Baschar al-Assad "mit Absicht" herbeigeführt habe.
Hubschrauber und Flugzeuge aus EU-Staaten?
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sicherte der UN derweil Unterstützung zu. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten seien bereit, "jegliche angeforderte Hilfe" zu gewähren, sagte die Britin im Europaparlament in Straßburg. Sie habe Annan und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ein entsprechendes Angebot gemacht.
Nach Angaben eines Diplomaten könnte es sich um gepanzerte Fahrzeuge, Personal und Kommunikationsausrüstung handeln, aber auch um die Ausbildung von Beobachtern. Ban hatte die Frage der Unterstützung durch die EU bei einem Treffen mit EU-Vertretern in Luxemburg angesprochen. Er schlug vor, dass die Europäer Hubschrauber und Flugzeuge zur Unterstützung des Transports der Mission beisteuern könnten.
Sanktionen gegen Assad, Hilfe für Flüchtlinge
Die EU-Außenbeauftragte gab vor den Europaabgeordneten eine traurige Lagebeschreibung. "Die Gewalt hat abgenommen, aber das ist nicht genug", sagte sie. Ein weiteres Mal rufe man "aufs Entschiedenste zum Ende der Gewalt" und zur sofortigen und vollständigen Umsetzung des Annan-Plans auf, so Ashton. Solange die Unterdrückung andauere, werde die EU ihre Sanktionen gegen das Regime von Präsident Assad fortschreiben. In Brüssel werde derzeit an einem neuen Sanktionspaket gearbeitet.
Auf der anderen Seite habe sie vorgeschlagen, 23 Millionen Euro Soforthilfe für die syrische Zivilbevölkerung sowie für die syrischen Flüchtlinge bereitzustellen, die das Land verlassen haben.
Auch Frankreich verliert die Geduld
Der französische Außenminister Alain Juppé hat die Initiative für ein Treffen mit etwa zehn oder 15 seiner Kollegen ergriffen, um am Donnerstag in Paris über die Entwicklung in Syrien zu beraten. Der Druck auf Assad soll aufrechterhalten und verstärkt werden. Vertreter von rund 60 Staaten hatten bei einer Konferenz der internationalen Sanktions-Arbeitsgruppe in Paris den Verkauf von Waffen an die syrische Regierung angeprangert.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am Samstag einstimmig beschlossen, eine Mission von zunächst 30 militärischen Beobachtern nach Syrien zu entsenden.Sie soll über die Umsetzung des Friedensplans des Sondergesandten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Kofi Annan, wachen. Eine erste Vorhut von acht unbewaffneten UN-Experten hält sich bereits in der syrischen Hauptstadt Damaskus auf. Insgesamt sollen mindestens 250 stationiert werden.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, erklärte jetzt, die blutige Realität gefährde das Ziel, die Beobachter-Gruppe irgendwann auf die volle Stärke aufzustocken. Bis zum Ende der Woche soll Annan dem Sicherheitsrat nach Angaben von Diplomaten über die Arbeit der Mission Bericht erstatten.
SC/GD/wa/li (afp, rtr, dpa)