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Polen bekommt mehr Zeit

24. Mai 2016

Die EU-Kommission setzt im Streit mit Polen um die Einhaltung rechtsstaatliche Prinzipien auf weitere Verhandlungen. Die Behörde verschob eine angekündigte Bewertung der Rechtsstaatlichkeit in dem Land.

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EU-Flagge und Polen-Flagge (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/B. Schleep

Die EU-Kommission wird im Streit über die Rechtsstaatlichkeit in Polen in dieser Woche vorraussichtlich keine Entscheidung treffen. Der Chefsprecher der Brüsseler Behörde, Margaritis Schinas, verwies zur Begründung auf die laufenden Verhandlungen von Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans mit der polnischen Regierung in Warschau.

Zudem sei beim Treffen der Kommissare am Mittwoch Kommissionschef Jean-Claude Juncker wegen seiner Reise zum G7-Gipfel nach Japan nicht anwesend. Es sei deshalb realistisch anzunehmen, dass Timmermans die übrigen Kommissare zunächst nur über den Stand der Verhandlungen unterrichten werden und das Thema erneut diskutiert wird, nachdem Juncker zurückgekehrt ist.

Frist verstrichen

Brüssel ließ damit eine bis Montag gesetzte Frist verstreichen und verzichtete vorerst darauf, eine offizielle Verwarnung an die nationalkonservative Regierung in Warschau zu verschicken.

Timmermans will Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo nach eigenen Angaben am Nachmittag in der polnischen Hauptstadt treffen. Der deutsche Außenstaatsminister Michael Roth zeigte sich in Brüssel zuversichtlich, dass beide Seiten eine Lösung finden würden, welche "die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte stärkt".

Die EU-Kommission hatte im Januar ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet, das zu Sanktionen bis zum Stimmrechtsentzug in der EU führen kann. Die Kommission wirft Warschau vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht zu haben und kritisiert zudem die Änderung des Medienrechts. Durch diese können Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender künftig direkt von der Regierung ernannt oder abberufen werden.

Sanktionen bis zum Stimmentzug drohen

Es ist das erste Mal überhaupt, dass das Rechtsstaatsverfahren gegen einen Mitgliedstaat in Gang gesetzt wurde. Nächster Schritt in dem dreistufigen Verfahren ist eine formale Stellungnahme, in der Brüssel die Vorwürfe nennt. Warschau hätte dann zwei Wochen Zeit, um darauf zu antworten. Nächste Stufe wäre dann eine Empfehlung der Kommission, die kritisierten Mängel abzustellen.

Erfolgt auch das nicht, könnte die EU Sanktionen gegen Polen verhängen, die bis zum Stimmrechtsentzug reichen können. Die Behörde kann dies aber nicht alleine beschließen. Dazu müssten die anderen Mitgliedstaaten einstimmig feststellen, dass es in Polen einen "schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß" gegen EU-Grundwerte gibt. Der Polen-Verbündete Ungarn hat bereits klar gemacht, dass er Sanktionen gegen Warschau nicht mittragen würde.

cr/stu (rtr, afp)