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EU im Schatten des Vulkans

Bernd Riegert, zurzeit Neapel28. November 2003

In einer spannungsgeladenen Atmosphäre haben in Neapel die Beratungen der EU-Regierungskonferenz begonnen. Eine Annäherung bei den Hauptfragen zur erweiterten EU ist nicht in Sicht. Aber es gibt auch Fortschritte.

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EU-Regierungskonferenz in NeapelBild: AP

Im Schatten des schlummernden Vulkans Vesuv haben in Neapel die entscheidenden Vorbereitungen für europäische Verfassung begonnen, die Mitte Dezember von den Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfeltreffen verabschiedet werden soll. Begleitet von Blitz, Donner und schweren Regenfällen hatten die Beratungen mit einem verbalen Donnerschlag begonnen. Der stellvertretende niederländische Außenminister Atzo Nicolai hatte gesagt, man könne nach der Aussetzung des Stabilitätspaktes in der Verfassungsdebatte nicht so weitermachen wie bisher. Deutschland und Frankreich hatten gegen den Willen der Niederlande eine Aussetzung des Stabilitätspaktes am Dienstag durchgesetzt. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer sagte, er sehe keine verhärteten Fronten und wies eine Vermischung von Stabiltätspakt und Verfassung, wie sie der niederländische Vertreter anstrebe, zurück.

Eigenlichte Machtfragen bleiben ausgeklammert

Ein Kompromiss zeichnet sich bei der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ab. Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollen sich auf eine gemeinsame militärische Führungs- und Planungseinheit geeinigt haben, die nicht in Konkurrenz zur NATO steht. Sie soll kein eigenständiges Hauptquartier einer europäischen Armee werden. Das hatte Großbritannien vehement abgelehnt. Einig sind sich die Minister aber, einen europäischen Außenminister zu installieren - auch wenn dessen Kompetenzen weiter umstritten sind.

Auf dem Verhandlungstisch in Neapel liegt ein 69 Seiten umfassendes Kompromisspaket, das die italienische Ratspräsidentschaft vorgelegt hat. Darin sind zu einigen wesentlich Streitfragen, wie dem Gottesbezug, Lösungsformeln enthalten. Die eigentlichen Machtfragen wie Größe der EU-Kommission und künftiger Abstimmungsmodus sind aber ausgeklammert und bleiben den Elefanten, den Staats- und Regierungschefs vorbehalten.

"Diktat der Großen"

Polen und Spanien beharren nach wie vor auf dem Abstimmungsmodus aus dem EU-Vertrag von Nizza, der die mittelgroßen Staaten begünstigt. Nach dem Angriff der beiden größten EU-Staaten Deutschland und Frankreich auf die EU-Kommission im Streit um die Staatsverschuldung und den Stabilitätspakt, könne sich Polen nicht dem "Diktat der Großen" beugen, sagte der polnische Regierungschef Miller in einem Hörfunkinterview. Die Verfassung, die von einem Konvent aus Regierungsvertretern, Parlamentariern und EU-Beamten ausgearbeitet wurde, soll bis Ende des Jahres ausgehandelt sein und noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004 unterzeichnet werden. Dann muss der Text, der die Arbeitsgrundlage für eine weitere Verzahnung der EU-Staaten bilden, soll in allen dann 25 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden.