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Politik

EU will mit Türkei weiter verhandeln

8. November 2016

Brüssel setzt auch in schwierigen Zeiten weiter auf einen Dialog mit der Türkei. Dazu gehören auch die Verhandlungen über einen EU-Beitritt. Aus Ankara kommen unterdessen Vorwürfe gegenüber Deutschland.

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Türkische und Europäische Flagge
Bild: picture-alliance/APA/picturedesk.com/H. Ringhofer

Trotz der jüngsten Verhaftungswelle in der Türkei will die Europäische Union die Beitrittsverhandlungen mit dem Land nicht aussetzen. In einer ersten gemeinsamen Stellungnahme der EU-Länder heißt es, die Entwicklung in der Türkei sei äußerst besorgniserregend, dennoch sei man bereit, den politischen Dialog "auf allen Ebenen und innerhalb des bestehenden Rahmens" fortzuführen. In der Erklärung, die von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel veröffentlicht wurde, heißt es weiter, die EU werde die Situation weiter sehr aufmerksam verfolgen und bewerten.

Außerdem wird die türkische Regierung in dem Papier dazu aufgefordert, die parlamentarische Demokratie zu schützen, Menschenrechte zu achten und die Unabhängigkeit der Justiz zu gewährleisten. Jeder Angeklagte müsse das Recht auf einen fairen Prozess haben, so wie es in der Verpflichtungserklärung für EU-Beitrittskandidaten festgehalten sei. Zudem wird auch die neuerliche Diskussion über eine Wiedereinführung der Todesstrafe als extrem beunruhigend bezeichnet.

"Kampf gegen den Terror"

Das türkische Außenministerium wies die Kritik von Mogherini umgehend als inakzeptabel zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, die EU verstehe die Bedeutung des Kampfes gegen den Terror in der Türkei nicht. Das Bündnis habe bei den Türken, die sich um ihre Sicherheit sorgten, an Glaubwürdigkeit verloren.

Die Menschenrechtslage in der Türkei sorgt seit Wochen für Kritik seitens der EU-Staaten. Nach dem Putschversuch vom 15. Juli wurden viele Zeitungen geschlossen und Zehntausende Staatsbedienstete festgenommen oder entlassen. In der vergangenen Woche wurden zudem die Chefs der prokurdischen Oppositionspartei HDP und führende Journalisten der oppositionellen Zeitung Cumhuriyet verhaftet.

Juncker stellt Visa-Freiheit in Frage

Zuletzt hatte sich auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Wort gemeldet und die im Rahmen des Flüchtlingsabkommens in Aussicht gestellte Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger in Frage gestellt. "Alles, was die türkischen Behörden bislang gemacht haben, führt mich zu der Annahme, dass die Türkei letztendlich keine europäischen Standards übernehmen will", erklärte Juncker. Die Türkei müsse als eine Voraussetzung für die Visa-Befreiung ihre Anti-Terror-Gesetze entschärfen.

 

Berlin Michael Roth
Staatsminister Michael Roth (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Angesichts der jüngsten Entwicklungen hat das Auswärtige Amt in Berlin Regierungskritikern aus der Türkei Asyl in der Bundesrepublik angeboten. "Deutschland ist ein weltoffenes Land und steht allen politisch Verfolgten im Grundsatz offen", sagte Staatssekretär Michael Roth im Interview mit der Zeitung "Welt". Es gebe zudem verschiedene Programme, die auch türkischen Wissenschaftlern und Journalisten offen stehen, sagte der SPD-Politiker.

Kritik an deutscher Rolle

Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu warf der deutschen Regierung unterdessen vor, militanten Gruppen Unterschlupf zu bieten. "Deutschland ist das Land, das Terrorgruppen im Kampf gegen die Türkei am meisten unterstützt", erklärte Cavusoglu auf einer Pressekonferenz in Ankara. Konkret nannte er die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK und die linksradikale DHKP-C. Beide Gruppen würden von Deutschland aus bewaffnete Aktionen in der Türkei steuern und blieben dabei straffrei. Einen ähnlichen Vorwurf hatte in der vergangenen Woche bereits der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erhoben. Er sprach dabei von "Terroristen", denen die Bundesregierung Unterschlupf biete.

Sein Kabinettskollege Cavusoglu forderte Berlin zudem auf, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Deutschland halte sich selbst für eine Demokratie erster Klasse und die Türkei nur für zweitklassig, so der Minister. "Wir wollen, dass sie uns als gleichberechtigte Partner behandeln."

djo/cr (dpa/rtr)