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EU-Hilfe gegen den Terror in der Sahel-Region

Peter Hille1. August 2012

Die Europäische Union entsendet unter dem Namen EUCAP Sahel 50 Sicherheitsberater in den Niger. Sie sollen einheimischen Behörden im Kampf gegen den islamistischen Terror helfen, der sich im Westen Afrikas ausbreitet.

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Niger Polizisten auf Patrouille in Ingall. (Foto: SANOGO/AFP/Getty Images)
Niger Polizei Polizisten auf Patrouille in IngallBild: Getty Images/AFP

Ihre Uniformen haben die Sicherheitsexperten der EU mit im Gepäck, wenn sie nach Niamey reisen. Ob die EU-Entsandten im Niger in zivil oder uniformiert auftreten, werde man jedoch erst vor Ort entscheiden, ließ Brüssel Anfang Juli in einem Rundschreiben an die Mitgliedstaaten wissen.

Die Kleiderfrage zeigt den schmalen Grat, auf dem sich die EU-Sahel-Mission bewegt. Unter dem Namen EUCAP Sahel (European Union Capacity Building Mission) entsendet die Europäische Union 50 Beamte in die Region. Geleitet wird die Expertengruppe von Francisco Espinosa, bislang Oberst bei der spanischen Polizeieinheit Guardia Civil. "Eine zivile Mission", so EU-Sprecher Michael Mann im Gespräch mit der DW. "Wir schicken niemanden, der ein Gewehr trägt und kämpft". Doch wenn die EU-Gesandten die Arbeit im Hauptquartier in Nigers Hauptstadt Niamey am Mittwoch (01.08.2012) aufnehmen, dann werden einige von ihnen als Militärberater tätig sein.

Grenzenlose Gewalt

Denn in der Sahel-Region geht es längst nicht mehr um ein Eindämmen des islamistischen Terrors allein mit Aufklärung oder polizeilicher Arbeit. Armeen sind im Einsatz, es wird gekämpft und getötet. Im Norden Malis haben islamistische Gruppen ein Gebiet von der Größe Frankreichs unter ihre Kontrolle gebracht. Die so genannten Verteidiger des Islam (Ansar Dine) und die Bewegung für die Einheit und den Dschihad in Westafrika (MUJAO) setzen dort mit Waffengewalt ihre Vorstellung von islamischem Recht durch. Wer Alkohol trinkt, wird öffentlich ausgepeitscht. Sie stehen in enger Verbindung zur regionalen Dachorganisation der Islamisten, der Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQMI).

Infografik Kampf gegen Terror in der Sahel-Region --- 2012_07_26_kampf_terror_sahel.psd

Deren Gotteskrieger sind nicht nur in Mali, sondern in weiten Teilen West- und Nordafrikas aktiv. Sie kennen keine Grenzen, zünden Bomben in Algerien, beschießen Armeeposten in Mauretanien und rekrutieren neue Mitglieder im Tschad. "Wenn es Gott gefällt, dann werden wir den heiligen Krieg schnellstens auch nach Niger tragen", lässt Terroristen-Führer Bilal Hicham wissen.

Armut, Drogen, Terror

Das will die Regierung des Niger verhindern, auch mit Hilfe der EU. "Die nigrischen Behörden haben uns gefragt, ob wir sie mit Experten unterstützen können", so EU-Sprecher Mann. "Wir sollen ihre Sicherheitskräfte ausbilden, damit sie die Sicherheitslage verbessern können und den Terror bekämpfen." Dafür stellt die EU im ersten Jahr 8,7 Millionen Euro bereit. Die Mission ist auf zwei Jahre angelegt; neben dem Hauptquartier in Niamey wird die EU auch Verbindungsbüros in Bamako und Nouakchott eröffnen.

Speziell Mali, Mauretanien und Niger seien geprägt von Dürre, Hunger und der Schwäche staatlicher Institutionen, erklärt Amelia Hadfield, Sahel-Expertin und Professorin an der Freien Universität Brüssel. "Das sind gefährdete Staaten, die ihre Bürger nicht versorgen können." Es mangele an Wasser, Elektrizität, Bildungschancen und einem funktionierenden Gesundheitssystem.

Sicherheitskräfte in Nouakchott, Hauptstadt Mauretaniens. (Foto: ddp images/AP Photo/ Schalk van Zuydam)
Die EU will auch die Sicherheitskräfte in Mauretanien beratenBild: AP

Die EU müsse in ihrer Sahel-Strategie beachten, dass der Terror in der Region seine Ursache in Armut und Nahrungsmangel habe. "Die Regierungen und die Bevölkerung sind hilflos, ohne Schutz", sagt Hadfield im Gespräch mit der DW. "Deshalb sind sie besonders gefährdet, sich unter Druck lokalen Terroristengruppen anzuschließen, oder dem Waffen- und Drogenhandel."

Prävention statt Feuerlöscher

Statt einer Mission mit Militärberatern solle die EU deshalb mehr soziale Unterstützung für die Sahel-Region bereitstellen, sagt Niema Movassat, Abgeordneter der Oppositionspartei "Die Linke" im deutschen Bundestag. Er sieht den EU-Einsatz kritisch. "Diese Mission kann der Einstieg in eine Militärintervention sein, in der dann auch Deutschland drinstecken würde", so Movassat gegenüber der DW. Er erwarte von der deutschen Regierung deshalb mehr Informationen über ihre Beteiligung am Einsatz.

Was es brauche, sei frühzeitige Hilfe und Präventionsarbeit. "Wir müssen weg von dieser Feuerlöscherpolitik hin zu einer Politik, die frühzeitig Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass überhaupt der Keim des Terrorismus entstehen kann," so Movassat. Es sei ja gerade die Intervention des Westens gewesen, die die Probleme in der Sahel-Region verstärkt habe. Durch die Unterstützung der libyschen Rebellen habe das Militärbündnis NATO mitgeholfen, Waffen in der Region zu verbreiten, behauptet Movassat weiter.

Recht vor Gewalt

Terror-Prävention sei exakt das Ziel der Sahel-Mission, sagt die EU. Man verfolge einen so genannten integrativen Ansatz. Deshalb reisen neben Polizisten und Armee-Offizieren auch Politikberater und europäische Rechtsexperten in die Region. Der Terror soll nicht allein militärisch, sondern auch mit dem Schwert der Justiz bekämpft werden. Dass auch Terroristen und Kriminelle in der Sahel-Region einen fairen Prozess bekommen, darauf will die EU hinwirken. Wo ein Rechtsstaat herrsche, könne Gewalt wirksam verhindert werden.

Kind isst in einem Dorf im Niger. (Foto:Rebecca Blackwell/AP/dapd)
Auch Dürre und Hunger bedrohen die Menschen in der RegionBild: dapd