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KonflikteEuropa

EU fordert sofortige Feuerpause im Gazastreifen

22. März 2024

In Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs der EU ihre erste gemeinsame Erklärung zum Israel-Hamas-Krieg seit fünf Monaten verabschiedet. Ein US-Resolutionsentwurf scheiterte derweil im UN-Sicherheitsrat.

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Die europäischen Staats- und Regierungschefs stehen vor ein Gruppenfoto zusammen
Die Staats- und Regierungschefs in Brüssel einigten sich auf ein gemeinsames Papier zur Lage in NahostBild: John Thys/AFP/Getty Images

Die Europäische Union verlangt angesichts der Not der palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen eine sofortige Feuerpause. Diese solle zu einem nachhaltigen Waffenstillstand und zur Bereitstellung humanitärer Hilfe führen, heißt es in einer von den EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedeten Erklärung. Zugleich müsse die militant-islamistische Hamas alle von ihr verschleppten Geiseln bedingungslos freilassen. Es ist die erste gemeinsame Positionierung der 27 EU-Mitglieder zum Israel-Hamas-Krieg seit fünf Monaten.

Die Gipfelteilnehmer bringen ihre Sorge über eine "unmittelbar drohende Hungersnot" zum Ausdruck, die durch die unzureichende Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen verursacht werde. Und sie rufen Israel dazu auf, keine Bodenoffensive in Rafah zu starten, "welche die ohnehin katastrophale humanitäre Situation verschlimmern würde". In der Stadt im äußersten Süden des Palästinensergebiets leben derzeit rund eineinhalb Millionen Zivilisten - die meisten von ihnen sind Flüchtlinge aus anderen Teilen des Küstenstreifens.

"Unabhängige Untersuchungen zu allen Vorwürfen sexueller Gewalt"

Die EU-Spitzenpolitiker verlangen zudem "unabhängige Untersuchungen zu allen Vorwürfen sexueller Gewalt", die bei den Angriffen am 7. Oktober verübt worden sei. Damals hatten Hunderte Hamas-Terroristen israelische Grenzanlagen überwunden und Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Es war das schlimmste Massaker seit der israelischen Staatsgründung. Zugleich wurden Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.

Frauen und Kinder mit Töpfen, Eimern und Tellern in den Händen drängen sich bei einer humanitären Essensausgabe hinter einer schulterhohen Absperrung
Im Gazastreifen sind immer mehr Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen - hier eine Aufnahme aus Rafah vom 11.03.2024Bild: AFP/Getty Images

Nach Angaben des israelischen Militärs fielen der Attacke mehr als 1100 Menschen auf eigenem Gebiet zum Opfer. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Bei darauf folgenden israelischen Angriffen wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 31.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen. Die Hamas wird außer von Israel auch von den USA, der EU, Deutschland und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Wochenlanges Tauziehen

Der Brüsseler Einigung vom Donnerstagabend waren wochenlange Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten vorausgegangen. Ursprünglich sollten bereits bei Gipfeltreffen im Dezember und Anfang Februar Erklärungen zum Nahostkonflikt veröffentlicht werden. Doch hatten sich die Staaten nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können.

Vor allem Österreich, Tschechien und Ungarn hielten es lange Zeit für unangebracht, Israel angesichts der Terrortaten der Hamas zu großer Zurückhaltung aufzufordern. Auf der anderen Seite stehen Länder wie Spanien, die das Vorgehen Israels im Gazastreifen für völkerrechtswidrig halten und sich eine stärkere Reaktion der EU wünschen. Deutschland nimmt inzwischen eine Mittelposition ein.

Russland und China legen Veto im Weltsicherheitsrat ein

Ein Resolutionsentwurf der USA im UN-Sicherheitsrat, der eine sofortige und anhaltende Waffenruhe vorsah, wurde unterdessen von Russland und China gekippt. Der russische Botschafter bei den UN in New York sprach von einem "heuchlerischen" Text, der nicht direkt ein Schweigen der Waffen im Gazastreifen gefordert habe. US-Außenminister Antony Blinken hatte zuvor noch im saudischen Sender Al-Hadath gesagt, er hoffe, dass von einem entsprechenden Beschluss ein "starkes Signal" ausgehen werde.

US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, hebt die Hand
Im UN-Sicherheitsrat hatte Washington seinerseits mehrere Resolutionsentwürfe mit Forderungen an Israel blockiert - hier die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield (Archivbild)Bild: Angela Weiss/AFP/Getty Images

Für Washington bedeutete dies einen Kurswechsel: Mehrere Initiativen im mächtigsten UN-Gremium, mit denen eine sofortige Feuerpause gefordert wurde, waren in den vergangenen Monaten noch am Widerstand der Vereinigten Staaten gescheitert. Resolutionen des Sicherheitsrats sind - anders als solche der UN-Generalversammlung - völkerrechtlich bindend. Sie können jedoch durch das Veto eines der fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich blockiert werden.

Blinken traf unterdessen zu Gesprächen in Israel ein, während der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, an diesem Freitag nach Katar reisen wird. Dort wolle Barnea mit CIA-Direktor William Burns, Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und dem ägyptischen Geheimdienstminister Abbas Kamel zusammenkommen, teilte das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu mit.

Antony Blinken und sein Team stehen zu einer Besprechung in einem Flugzeug der US-Luftwaffe zusammen
US-Außenminister Antony Blinken pendelt zwischen den Verhandlungspartnern in Nahost - hier in einem Flugzeug der US-Luftwaffe vor dem Abflug in Ägypten mit Reiseziel IsraelBild: Evelyn Hockstein/AFP/Getty Images

Bei einem vorangegangenen Besuch in Ägypten hatte Blinken erneut vor einer Militäroffensive in Rafah gewarnt. Diese wäre ein "Fehler" und man könne sie nicht unterstützen, sagte Blinken nach einem Treffen mit seinem ägyptischen Kollegen Samih Schukri in Kairo. Netanjahu hatte dagegen wiederholt erklärt, er halte an dem Vorhaben fest, um eine fortdauernde Bedrohung durch die Hamas abzuwenden.

Für kommende Woche wird eine israelische Delegation in Washington erwartet, wo die US-Regierung nochmals ihre Bedenken erläutern dürfte. Auch der israelische Verteidigungsminister Joav Galant will in die US-Hauptstadt reisen. Medienberichten zufolge soll es bei dem Treffen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin auch um den Wunsch Israels nach umfangreichen amerikanischen Waffenlieferungen gehen.

jj/se/sti (dpa, afp, rtr)