EU erwartet Stagnation der Wirtschaft
3. November 2008Währungskommissar Joaquin Almunia sprach bei der Präsentation des Herbstgutachtens am Montag (03.11.2008) von einer unangenehmen Aufgabe. Und er verglich das trübe Wetter in Brüssel mit der Konjunkturerwartung. Das Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr in der EU um 1,4 Prozent wachsen, in der Eurozone um 1,2 Prozent - also um weniger als die Hälfte des Wertes von 2006 und 2007. Düsterer noch sind die Aussichten für das kommende Jahr. "2009 dürfte der europäische Wachstumsmotor zum Stillstand kommen", kündigte Almunia an.
Keine Impulse von außen
In mehreren Ländern, etwa in Irland und Großbritannien, droht nicht nur Stillstand, sondern Rezession. Und selbst ein Stillstand, das verschwieg der Kommissar keineswegs, hat weitreichende Folgen für die öffentlichen Haushalte und die privaten Verbraucher. Zum Beispiel dürfte die Nachfrage deutlich abnehmen - das geschieht bereits - und damit längerfristig die Arbeitslosigkeit steigen. Auch von außerhalb der EU erwartet die Kommission zurzeit keine neuen Wachstumsimpulse, denn die Situation in Nordamerika und Asien ist mindestens ebenso schwierig wie die in Europa.
Almunia setzt vielmehr auf die Nachfrage in Europa. Die Deutschen zum Beispiel hätten zurzeit durch einen ausgeglichenen Haushalt die finanziellen Möglichkeiten, die Nachfrage anzukurbeln; als größte Volkswirtschaft in Europa könnten sie dann auch andere mitziehen. "Die Deutschen können sich glücklich schätzen, diesen Manövrierspielraum zu haben", sagte der Kommissar. "Andere Mitgliedsstaaten haben ihn nicht, weil sie während der Erholungsphase nicht in der Lage waren, ihre öffentlichen Haushalte zu konsolidieren."
Folgen der Finanzkrise unabsehbar
Almunia meinte, es gehe bei der derzeitigen Situation um weit mehr als um natürliche Konjunkturzyklen. Die Finanzkrise habe die Welt vor völlig neue Herausforderungen gestellt, sagte Almunia. "In diesem Augenblick hat niemand irgendeine Erfahrung, was die Folgen der Finanzkrise betrifft, nicht die Europäische Kommission, nicht der Internationale Währungsfonds, nicht die OECD, keines der Länder, die jetzt Maßnahmen ergreifen, und sicherlich keines der privaten Institute."
Das heißt aber nicht, dass der Währungskommissar die Welt am Abgrund oder den Euro-Währungsraum in Gefahr sähe. Die gemeinsamen Maßnahmen zur Stabilisierung und zur Ankurbelung der Wirtschaft seien richtig und würden helfen. Für die Zeit von Mitte 2009 an sagte Almunia eine langsame Erholung voraus.