EU droht Syrien mit weiteren Sanktionen
18. Juli 2011Den Ton gegenüber Syrien verstärken? Ja. - Weitere Zwangsmaßnahmen? Vorerst nein. Die Außenminister der Europäischen Union riefen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bei ihrem Treffen am Montag (18.07.2011) in Brüssel auf, Gewalt und Unterdrückung in seinem Land zu beenden und Reformen einzuleiten.
In einer Erklärung verurteilt die EU ausdrücklich die Gewalt gegen Demonstranten, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen. Diese müssten untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Willkürliche Verhaftungen beenden
Außerdem fordert die EU die Freilassung aller Gefangenen aus Gewissensgründen und ein Ende willkürlicher Verhaftungen. Sie appelliert an das Regime in Damaskus, unabhängige Medien aus dem Land berichten zu lassen.
Seit Monaten gehen in ganz Syrien oppositionelle Demonstranten gegen die Assad-Regierung auf die Straße. Allen Sanktionen zum Trotz wenden die Sicherheitskräfte immer wieder brutale Gewalt an, um die Proteste zu beenden. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bereits mehr als 1300 Zivilisten getötet, rund 12.000 festgenommen.
Einreiseverbote und Kontensperrungen
Zu neuen Sanktionen konnten sich die Ressortchefs der 27 EU-Länder bei ihrem Treffen indes nicht durchringen. Gleichwohl bleibt diese Möglichkeit auf der Agenda. Solange "die nicht hinnehmbare Gewalt" gegen Zivilisten andauere, werde die EU ihre Politik der gezielten Strafmaßnahmen gegen die dafür Verantwortlichen fortsetzen, hieß es. Zuletzt hatte die EU im Juni ihre bis dahin bereits verhängten Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Regimevertreter verschärft.
Westerwelle für UN-Resolution
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte darüber hinaus eine Resolution des Welt-Sicherheitsrats. "Wir sind der Überzeugung, dass dieses Verhalten der syrischen Regierung in keiner Weise akzeptabel ist und international verurteilt werden muss." Gleichwohl räumte er ein, dass es in dem Spitzengremium der Vereinten Nationen Widerstand gebe. Russland und China treten seit längerem auf die Bremse.
Schweden fordert Rücktritt Assads
Einige europäische Ressortchefs gingen in ihren Forderungen noch weiter. Schwedens Minister Carl Bildt meinte, die Regierung in Damaskus müsse angesichts der fortgesetzten Ausschreitungen gegen Demonstranten abtreten und ersetzt werden. "Das Regime ist am Ende. Es hat Glaubwürdigkeit und Legitimität verloren."
Die Lage in Syrien sei "sehr ernst", ergänzte der britische Außenminister William Hague, der sich auch für weitere Sanktionen aussprach. Assad müsse politische Reformen einleiten oder sich von der Macht zurückziehen.
Auch über Libyen diskutiert
Die Minister erörterten auch die Lage in Libyen, wo die Rebellen militärische Erfolge erzielen. Westerwelle sagte, eingefrorenes Geld des Regimes in Tripolis gehöre dem Volk. Wann das Geld zur Verfügung gestellt werden könne, sei derzeit noch nicht absehbar.
Es handele sich um Milliardenbeträge, "die durch die Sanktionen gegen das libysche Regime eingefroren worden sind. Und es ist sinnvoll und richtig, dieses Geld dem libyschen Volk zur Verfügung zu stellen."
Der Franzose Alain Juppé kündigte an, sein Land plane, rund 250 Millionen Euro eingefrorenes Vermögen an den Übergangsrat in Bengasi weiterzuleiten.
Problemfall Nahost
Ein weiteres Thema in Brüssel war auch der Nahost-Friedensprozess. Das sogenannte Nahost-Quartett bestehend aus den USA, der EU, den UN und Russland, hat es bisher nicht geschafft, Israel und Palästinenser an den Verhandlungstisch zurückzubringen.
"Wir müssen so schnell wie möglich Gespräche haben", klagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Die Palästinenser drohen, im September in der UN-Generalversammlung einseitig die Anerkennung als Staat in den Grenzen von 1967 und die Aufnahme als UN-Mitglied zu beantragen.
Ungelöst blieb auch der EU-interne Streit um Einrichtung eines ständigen Hauptquartiers zur Planung und Führung gemeinsamer militärischer Einsätze. Der britische Minister William Hague meinte dazu lapidar: "Wir stimmen dem jetzt nicht zu, und wir werden dem auch in der Zukunft nicht zustimmen, das ist eine rote Linie für uns." Aus seiner Sicht drohen doppelte Strukturen innerhalb der NATO.
Autorin: Eleonore Uhlich (afp, dpa)
Redaktion: Hajo Felten