EU-Außenminister tagen - und warten auf Blair
12. Dezember 2005Drei Tage vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs zur Budgetplanung für die Jahre 2007 bis 2013 am 15. und 16. Dezember liegt kein konsensfähiger Vorschlag der Präsidentschaft auf dem Verhandlungstisch. Im Gegenteil: Der vom britischen Premierminister Tony Blair angekündigte, modifizierte Vorschlag lässt auf sich warten. Das führt dazu, dass die EU-Außenminister, die das Gipfeltreffen am Montag (12.12.2005) eigentlich vorbereiten sollen, mehr oder weniger vor einer leeren Tagesordnung sitzen und wenig zu besprechen haben.
Auf Drängen des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier sollen die EU-Minister wenigstens einen Zeitplan für das weitere "Nachdenken“ über die Verfassungskrise beschließen. Die britische Ratspräsidentschaft hat das Thema Verfassung "einfach geschlabbert“, also mit Missachtung gestraft, wie ein EU-Beamter in einem Hintergrundgespräch sagte. Überhaupt habe man die Briten bei allen wichtigen Themen "zum Jagen tragen müssen“, so EU-Diplomaten.
Unmut über Erweiterungskurs
Die Ratifizierung der EU-Verfassung ist nach den ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden zum Stillstand gekommen. Da der Verfassungstext selbst nicht verändert werden kann und eine zweite Runde von Referenden über den gleichen Text unwahrscheinlich ist, steckt die EU in einer Zwickmühle. Bis zum Sommer nächsten Jahres sollte eine Lösung gefunden werden, spätestens im Herbst 2006 muss sich der Europäische Rat, also die Runde der Staats- und Regierungschefs, förmlich mit der Zukunft der Verfassung befassen.
Im außenpolitischen Teil ihrer Tagung werden die Minister empfehlen, der früheren jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien den Kandidatenstatus für eine Aufnahme in die Europäische Union zu verleihen. Der Ministerrat wird aber deutlich machen, dass konkrete Verhandlungen über einen Beitritt noch in weiter Ferne liegen und ein Termin dafür noch nicht benannt werden kann. In diesem Zusammenhang haben einige Mitgliedsländer eine ernsthafte und grundlegende Debatte über den künftigen Erweiterungskurs der Union verlangt, der vielen zu schnell voranschreitet. Es müsse zunächst eine Phase der Konsolidierung geben, hieß in Diplomatenkreisen.
Im Fokus: Afrika
Die Außenminister wollen am Montag eine umfassende Strategie zur Afrikapolitik verabschieden. Der benachbarte Kontinent soll in Zukunft stärker beachtet werden. Langfristige Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit ist das Ziel, nicht zuletzt um die Ursachen für Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa zu bekämpfen. Mit allen rund 50 Staaten Afrikas will die EU eine strategische Partnerschaft eingehen, um die Millenniumsziele zur Bekämpfung der Armut bis 2015 noch zu erreichen.
Zu erwarten ist auch, dass die Außenminister mit scharfen Worten die jüngsten israelfeindlichen Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinejad zurückweisen werden. Dieser hatte den Holocaust in Frage gestellt und eine Verlegung Israels nach Mitteleuropa angeregt. Bei den Bemühungen, die Gespräche zwischen der EU und Iran über das Atomprogramm des Landes wieder anzukurbeln, zeichnen sich keinerlei Fortschritte ab.