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Etatsünder: Schäuble contra Juncker

28. November 2014

Schwere Haushaltssünder unter den EU-Ländern sollen nach dem Willen von Kommissionspräsident Juncker vorläufig nicht mit Strafen rechnen müssen. Doch das kommt beim deutschen Finanzminister gar nicht gut an.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: picture-alliance/dpa/ M.Gambarini)
Bild: picture-alliance/dpa/ M.Gambarini

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pocht auf eine Einhaltung der Defizitgrenzen in der Euro-Zone. "Wir müssen alle dafür sorgen, dass wir uns an die europäischen Regeln halten und dass wir gemeinsam dafür Verantwortung tragen, dass das Wachstum besser wird", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Eine öffentliche Debatte darüber, dass einige Länder die Defizitgrenzen nicht einhalten, lehnte er ab.

"Wir wissen, dass einige unserer wichtigsten Partner in einer schwierigeren Lage im Augenblick sind als wir", sagte Schäuble. "Und wir wissen, dass wir eine gemeinsame Verantwortung haben, dass wir auch Solidarität üben müssen." Zudem müsse vor allem die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreicher bekämpft werden, mahnte der CDU-Politiker. Deutschland halte sich bei seinem Haushalt aber an die europäischen Regeln. "Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass wir auch bei anderen dafür eintreten können, dass auch die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an die europäischen Regeln halten."

Vor allem Frankreich und Italien im Blick

Mit diesen Äußerungen reagierte der deutsche Minister auf die Absicht der EU-Kommission, Haushaltssündern wie Frankreich und Italien mehr Zeit zur Umsetzung der geforderten Reformen einzuräumen. Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte der "Süddeutschen Zeitung" und weiteren europäischen Blättern, er habe "die Wahl getroffen, nicht zu sanktionieren". Die Kommission werde an diesem Freitag klare Bewertungen für die von den Eurostaaten eingereichten Haushaltsentwürfe für 2015 abgeben. "Aber die finalen Entscheidungen über Konsequenzen haben wir auf März, April verschoben", sagte Juncker.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Foto: Reuters)
Will Milde walten lassen gegenüber Haushaltssündern: EU-Kommissionspräsident JunckerBild: Reuters/Christian Hartmann

Mit dieser Entscheidung kommt der Kommissionspräsident Frankreich und Italien, zwei der größten Volkswirtschaften der Eurozone, sehr weit entgegen. Dem Bericht zufolge zeigt sich die Kommission wohl auch gegenüber fünf weiteren Ländern - Spanien, Portugal, Österreich, Belgien und Malta - milde. Die EU-Kommission prüft nach einem Beschluss der Euro-Länder die jährlichen nationalen Haushalte auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien. Mit Frankreich und Italien gab es zuletzt heftigen Streit über die Haushaltspolitik. Insbesondere Deutschland forderte rasche Reformen zur Senkung der Defizite. Ausgenommen von der Bewertung sind Griechenland und Zypern, die sich noch in EU-Hilfsprogrammen befinden.

"Dann ist das Gift"

Juncker sagte, es wäre einfach gewesen, jetzt schon Sanktionen zu verhängen. "Wir haben Regeln, Strafen, Sanktionen." Er habe sich aber anders entschieden, um die Länder selber erklären zu lassen, wie sie ihre Haushalte in Ordnung bringen. Hintergrund sind Beschwerden aus den Hauptstädten, die EU-Kommission diktiere, wie nationale Haushaltspläne auszusehen hätten und greife damit in nationale Hoheiten ein. "Dieses Mal werde ich Frankreich, Belgien und Deutschland nicht diktieren, was sie zu tun haben", sagte der Luxemburger.

Der EU-Kommissionschef warb dafür, die Diskussionen über das Sparen und Investieren zu beenden. Sie schreckten Investoren ab. "Wenn wir nur über Schuldenberge streiten und Regierungen drohen, ihr werdet sanktioniert, ihr müsst mehr machen und so weiter, dann ist das Gift."

Deshalb habe er das 315-Milliarden-Euro Investmentpaket vorgeschlagen. Er habe in den vergangenen Wochen viel mit den Staats- und Regierungschefs telefoniert. Er gehe davon aus, dass die Hauptstädte den Plan unterstützten. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel hätten erklärt, sie seien für den Plan.

sti/gmf (afp, dpa, rtr, Süddeutsche Zeitung)