Besorgnis bleibt
16. Juli 2009DW-WORLD.DE: Herr Schiereck, noch ist die Krise nicht ausgestanden. Aber von der Krise redet anscheinend nur noch die Politik. Bei den Banken, da herrscht offenbar schon wieder business as ususal. Wie finden Sie das denn?
Dirk Schiereck: Na, ich glaube, das muss man ein bisschen differenzierter sehen, denn wir haben einige Banken, bei denen es inzwischen schon wieder sehr gut aussieht. Es gibt aber andere, auch sehr große Institute, wo nach wie vor Grund für Besorgnis besteht und die sind bei weitem noch nicht alle über dem Berg.
Wenn ich mir das so anschaue, warum habe ich eigentlich keine Bank gegründet?
Schiereck: Na ja, weil es vielleicht nur ganz wenige Leute gibt, die anschließend so eine Bank auch so gut führen können, dass man damit richtig reich wird.
Können Banken pleite gehen?
Aber richtig pleitegehen kann man anscheinend auch nicht. Am Ende kommt dann doch wieder der Staat und hilft einem.
Schiereck: Ich glaube, wenn wir uns an eine Lehman Brothers, an eine Bear Stearns erinnern, dann sind schon auch Banken tatsächlich Konkurs gegangen, und es sind auch Aktionäre sehr arm geworden, wenn sie Bankaktien gekauft haben. Es sind Mitarbeiter um ihre gesamten Vermögen gebracht worden. Also ganz so risikoarm ist das dann doch nicht.
Traumrendite passé?
Es gibt aber auch Banken, die schon wieder nach vorne schauen, zum Beispiel die Deutsche Bank, dort spricht der Vorstandschef, Herr Ackermann, von einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent, solchen Gewinn will er erwirtschaften. Also was auch passiert, die Bank gewinnt am Ende immer. Kann das das Motto sein?
Schiereck: Nein, das wird sicherlich nicht das Motto sein. Wir müssen auch bei den Worten von Herrn Ackermann ein Stück relativierend schauen: die Deutsche Bank braucht definitiv weiteres Eigenkapital. Sie muss Eigenkapital in Form von neuen Aktien am Markt platzieren. Da macht man natürlich gerne auch große Worte und große Versprechungen und versucht damit, potentielle Aktionäre davon zu überzeugen, neue Aktien der Deutschen Bank zu kaufen. Ob dann diese Eigenkapitalrendite von 25 Prozent dauerhaft realisiert werden kann, das warten wir mal ab. Aber wir müssen auch feststellen, dass diese Renditen eigentlich erst in den letzten Jahren in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt sind. Investmentbanken in den USA haben auch in den 80er Jahren schon vergleichbare Renditen erzielt. Da hat die Öffentlichkeit vielleicht nicht so genau hingeschaut. Das fällt vielleicht inzwischen einfach nur ein bisschen mehr auf als in der Vergangenheit.
Lässt der Reformeifer nach?
Es wird ja im Moment auf politischer Ebene viel über Reform der Finanzmärkte gesprochen. Denken Sie, das hat sich damit dann schon wieder erledigt?
Schiereck: Das könnte stückweit dazu verleiten, dass man sagt, offensichtlich geht es den Banken wieder gut, es war wohl ein einmaliger Störfall. Ich glaube, wir müssen diesen einmaligen Störfall schon sehr ernst nehmen und überlegen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es eben kein einmaliges Ereignis war, doch sehr groß ist, und das bedeutet: um Reformen werden wir nicht herum kommen. Aber wir haben natürlich das große Problem, dass die anzugehenden Reformen sehr komplexe Einschnitte in den Finanzmarkt bedeuten, die wohl überlegt sein wollen, die brauchen einfach Zeit. Und der Wille zu diesen Reformen ist schwer zu finden. Wenn man auf die Banken schaut und sagt, denen geht es doch wieder gut, da müssen wir doch eigentlich gar nichts mehr machen - da lässt natürlich der Regulierungseifer, der Reformeifer der Politiker schnell nach. Und das können wir jetzt wirklich nicht gebrauchen.
Wann geht's aufwärts?
Wenn es den Banken wieder gut geht, wie lange wird es denn Ihrer Ansicht nach dauern, bis es auch der Realwirtschaft wieder gut geht? Kann man da jetzt auch hoffen?
Schiereck: Wie gesagt, es geht nicht allen Banken wieder gut. Wir haben zwei, drei, vier Banken, denen es offensichtlich wieder gut geht. Aber eine Commerzbank in Deutschland ist noch nicht über den Berg, eine IKB hat nach wie vor erhebliche Probleme, und über die Hypo Real Estate müssen wir gar nicht mehr reden. Und auch in den USA sind die ganz großen Institute City Group und Bank of Amerika weiterhin in erheblichen Schwierigkeiten. Also den Banken geht es nicht einhellig gut, und so lange es den Banken insgesamt eher durchwachsen geht, wird es sicherlich auch dauern, bis sie die Realwirtschaft wieder mit kräftigen Kreditpaketen unterstützen können, dass es insgesamt wieder aufwärts geht.
Das Interview führte Jörg Brunsmann
Redaktion: Zhang Danhong