1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Spielekonsolen und ihr Design

12. Juni 2020

Für die meisten Spieler sind vor allem die technischen Leistungen der aktuellen Spielekonsolen Playstation 5 und Xbox Series X relevant. So nebensächlich, wie das Design zunächst erscheint, ist es aber gar nicht.

https://p.dw.com/p/3WsKr
Sony PlayStation 5
Bild: Reuters/Sony Interactive Entertainment Inc.

"Häusliche Gegenstände genügen erst dann ihrer Bestimmung, wenn sie sich still zum Ganzen fügen und so uns dienen können. (...) Ein eigentlich nicht Erklärbares soll von den Dingen ausgehen und unbemerkt unserem Wohnen Ruhe geben und Beglückung", schrieb der Bauhaus-Schüler und Industriedesigner Wilhelm Wagenfeld im Jahr 1953. Er dachte dabei an Möbel und Lampen, an Geschirr oder Besteck, an Gebrauchsgegenstände eben. Spielekonsolen hatte er noch nicht im Blick. Wie auch? Der erste Konsolen-Bestseller, die Atari VCS, kam erst mehr als 20 Jahre später auf den Markt. Dennoch lassen sich seine Gedanken auch auf Spielekonsolen übertragen. Schließlich erhalten sie neben dem Fernseher einen prominenten Platz im Wohnzimmer und sollen uns dienen und beglücken.

Farben und Formen wecken Assoziationen

Doch was ist das "eigentlich nicht Erklärbare", das von den Geräten ausgeht? "Jedes Design löst ein Gefühl aus", sagt Monika Heimann. Die Designerin erforscht, wie Design auf Konsumenten wirkt. "Gutes Design für Videospielkonsolen holt die Nutzer mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen ab." Es seien allein schon Farben und Formen, die bei den Spielern Assoziationen auslösen. Oft geschehe das unbewusst. Monika Heimann erklärt das am Beispiel der Xbox Series X, die sich als eleganter, schlichter, schwarzer Kubus präsentiert. "Die schwarze Farbe kann sowohl düster und gefährlich als auch besonders edel wirken. Der Klotz wirkt ein bisschen unnahbar, was dem Ganzen etwas Geheimnisvolles gibt. Das kann ein gutes Mittel sein, um die Assoziation zu wecken: Ich bin dann auch als Spieler ein Teil dieses Geheimbundes." Die Spieler könnten das als persönliche Aufwertung empfinden.

Form folgt Funktion

"Konsolendesign unterliegt denselben Designkriterien wie alle anderen Objekte", sagt der Produktdesigner und Organisator des international renommierten Designpreises "iF Design Award", Frank Zierenberg. Der alte Design-Leitspruch "form follows function" (dt. Form folgt Funktion) ist gerade bei der Gestaltung von Spielekonsolen maßgeblich. "Viele missverstehen Design als eine schöne Form. Aber Design muss immer gut benutzbar sein."

Ein Hand hält einen Playstation-Controller
Die Form folgt der Funktion: Der Design-Leitspruch gilt insbesondere für technische GeräteBild: Fotolia/Serjik Ahkhundov

Neue Technik erfordert neue Designlösungen

Etwa ein Jahr denken Konsolendesigner darüber nach, wie sie das Laufwerk, die Festplatte, den Prozessor und den Lüfter verpacken. "Das technische Innenleben prägt seit jeher die äußere Form und Größe der Konsole. Zu einem Gehäusedesign-Problem, das die 1980er und 1990er Jahre nicht kannten, wurde im 21. Jahrhundert die Hitzeentwicklung. Es mussten Ventilatoren verbaut, Belüftung, Schalldämpfung und Co. beachtet werden. Andererseits wurden die IT-Komponenten kleiner, leichter, mechanische Teile durch rein elektrische ersetzt", erklärt Winnie Forster, Autor des Standardwerks "Spielkonsolen und Heimcomputer 1972-2015". Das finale Design stehe oft erst kurz bevor die Konsole in die Massenproduktion geht. Und auch danach feilen die Firmen für spätere Modellreihen weiter an Funktionen und dem Aussehen.

Spielekonsolen bemühen sich um seröse Ästhetik

Ein Blick in die Konsolen-Historie zeigt: "Das Design früher Spielgeräte ist eher pragmatisch als originell. In den 1980er Jahren sollten Konsolen dann schick wie europäische Wohnzimmer-Elektronik aussehen", so der Videospiel-Kritiker und Hardware-Fachmann Winnie Forster. "Statt selbst Designtrends zu setzen, folgen die Konsolenhersteller eher dem Zeitgeist." Mit den Jahren ist die Zielgruppe breiter geworden. Waren in den 1990ern vor allem Kinder und Jugendliche im Blick der Spieleindustrie, sind es heute vorrangig Erwachsene.

Nintendo-Konsole GameCube
Konsole fürs Kinderzimmer: Nintendos Gamecube von 2001Bild: picture-alliance/dpa/A. Warnecke

"Die frühen Spielekonsolen gehen von ihrer ästhetischen Formensprache in Richtung Kinderspielzeug. Sie sind viel runder, viel einfacher, haben große Tasten", sagt der Designer Frank Zierenberg. Mit der neuen Zielgruppe haben sich das Design und auch der Standort verändert: Die Konsolen sind vom Kinderzimmer ins Wohnzimmer umgezogen. "Von der Ästhetik her werden Spielekonsolen immer seriöser", sagt Frank Zierenberg. "Erwachsene wollen sich kein abgelutschtes Bonbon neben ihren 4.000-Euro-Flatscreen stellen." Selbst Nintendos Switch, eine Konsole, die sich vor allem an Familien und Kinder richtet, gibt es in einer wohnzimmertauglichen dunkelgrauen Edition.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Kaufentscheidung hängt in erster Linie von der technischen Leistung, der Grafik und den Ladezeiten, dem Spieleangebot und dem Preis ab, nicht vom Design. Trotzdem möchte sich wohl kaum jemand gerne eine hässliche Plastikkiste ins Wohnzimmer stellen. Das Entwickler-Modell der Playstation 5, mit dem einige Spieleentwickler bereits arbeiten, zeigte nicht die finale Version, musste aber in den sozialen Netzwerken viel Häme einstecken. Klobig, wuchtig, mit riesigen Lüftungsschlitzen, einem gelandeten Raumschiff oder einer Kommandobrücke ähnelnd, machte es innerhalb der Gaming-Community keine gute Figur. Die neue Xbox wurde auf Twitter als Mini-Kühlschrank verspottet. Ganz so unwichtig, wie es zunächst scheint, ist das Design von Spielekonsolen also doch nicht.