Ermittler auch in Wulffs Wohnhaus
2. März 2012Die Staatsanwaltschaft Hannover hat einen neuen Vorstoß unternommen, um die Vorwürfe der Vorteilsannahme gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff aufzuklären. Im Zuge der Ermittlungen rückten Polizeibeamte im Wohnhaus des zurückgetretenen Staatsoberhaupts in Großburgwedel ein. Staatsanwälte und fünf Beamte des Landeskriminalamts seien an der Durchsuchung beteiligt, wurde mitgeteilt.
Bereits am Donnerstag waren Geschäftsräume und die Wohnung des Filmproduzenten David Groenewold in Berlin durchsucht worden, wie auch dessen Anwaltskanzlei bestätigte. Nach Presseberichten wurde dabei umfangreiches Daten- und Aktenmaterial sichergestellt. Beide Aktionen sollen im Einvernehmen mit den Betroffenen erfolgt sein.
Staatskanzlei: Wirken an Aufklärung mit
Die niedersächsische Staatskanzlei übergab weitere Unterlagen an die Staatsanwaltschaft. "Insgesamt wurden rund 450 Seiten", sagte ein Sprecher von Ministerpräsident David McAllister (CDU) in Hannover. In allen Ministerien würden Mitarbeiter weiter nach Unterlagen zum Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmproduzenten suchen. Es gehe zudem um Akten zum Verhältnis zwischen Groenewold und dem früheren Sprecher Wulffs, Olaf Glaeseker.
Wulff war am 17. Februar von seinem Amt zurückgetreten. Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn und Groenewold wegen möglicher Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung eingeleitet. Groenewold soll Wulff in dessen Amtszeit als niedersächsischer CDU-Regierungschef mehrere Urlaube auf Sylt bezahlt haben. Wulff bestreitet dies.
Haushaltsausschuss: Ehrensold ist rechtens
Trotz massiver Kritik aus der Bevölkerung muss das ehemalige Staatsoberhaupt keine Aberkennung seines Ehrensoldes von knapp 200.000 Euro im Jahr befürchten. Der Haushaltsausschuss des Bundestags stellte einstimmig fest, dass die Gewährung des Ruhegeldes durch das Bundespräsidialamt korrekt "nach Recht und Gesetz" entschieden worden sei. Auch eine Verurteilung des Ex-Präsidenten würde daran nichts ändern. Unklar ist indes, ob Wulff über den Ehrensold hinaus weitere Privilegien wie einen Chauffeur, ein Büro oder Referenten erhalten soll, die Ex-Präsidenten gewöhnlich gewährt werden. Bisher habe er dies nicht beantragt, hieß es.
ARD-Umfrage: Ehrensold für Wulff unangemessen
Politiker aus Koalition und Opposition forderten Wulff noch einmal auf, den Ehrensold nicht anzunehmen. Grüne und Linke plädierten dafür, insgesamt über eine Neufassung der Regelungen nachzudenken, die aus dem Jahre 1953 stammten.
Laut einer Umfrage des Ersten Deutschen Fernsehens wünschen sich 84 Prozent der Deutschen, dass der frühere Bundespräsident auf diese Bezüge verzichtet. Nur 15 Prozent befürworte die Zahlung, so der ARD-Deutschlandtrend. Damit sei die Zahl der ablehnenden Stimmen noch einmal gestiegen.
SC/sti (rtrd,dpa,dapd)