Minenarbeiter erfolgreich
19. September 2012Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht im Protestcamp der Minenarbeiter von Marikana: Es ist vorbei, der britische Betreiber Lonmin hat akzeptiert. Hunderte Kumpels der Platinmine Marikana begannen am Donnerstag (19.9.2012) zu singen und zu tanzen. Sechs Wochen lang hatten sie für höhere Löhne gestreikt, waren von der Polizei beschossen worden und haben 34 Kumpel verloren. Der Durchbruch kam dann unter Vermittlung einer unabhängigen Schlichterkommission: Künftig bekommen die 28.000 Minenarbeiter 22 Prozent mehr Lohn. Auf ihrem Gehaltszettel stehen dann rund 11.100 Rand - umgerechnet etwa 1030 Euro. Außerdem bekommen sie zum nächsten Monat eine Einmalzahlung von 190 Euro. "Damit entschädigen wir die Kumpels für den Lohnausfall während des Streiks", sagt Barnard Mokoena, leitender Geschäftsführer des weltweit drittgrößten Minenbetreibers Lonmin, der DW. Mokoena war es auch, der die gemeinsame Einigung mit den Arbeitsvertretern unterschrieben hatte.
Gewerkschafter Zolisa Bodlani ist zufrieden mit der Lohnerhöhung, obwohl es zwölf Prozent weniger sind als gefordert. Aber er habe weitere Gewalt verhindern wollen. "Die Regierung hat sich auf die Seite des Managements geschlagen. Zusammen wollten sie uns fertig machen", so Bodlani. "Deshalb haben wir das Angebot jetzt akzeptiert. Jeder kann in seinen Job zurück, keiner wird gefeuert." Bitter fügt sein Kollege Joseph Matunjwa hinzu: "Diese Einigung hätten wir auch schon vor fünf Wochen haben können. Niemand hätte sterben müssen. Aber jetzt ist es, wie es ist."
Warnung vor neuen Streiks
In ganz Südafrika wurde das Ergebnis mit Erleichterung aufgenommen. Doch warnen heimische Arbeitsexperten wie Tony Hurley davor, dass nun erst recht eine Streikwelle losbrechen könnte. "Wir sind alle froh, dass diese furchtbare Geschichte zu Ende ist", erklärt Hurley im Gespräch mit der DW. "Doch ich befürchte, dass nun andere Arbeiter ausgehandelte Tarifabschlüsse aufkündigen. Ich glaube nicht, dass das eine gesunde Entwicklung ist."
So streiken weiterhin einige hundert Kumpels der Platin- und Chromminen bei Rustenburg. Nahe des Bergwerks Amplats setzte die Polizei Tränengas und Gummigeschosse gegen Hunderte Kumpel ein. Auch in der Goldmine von KDC Goldmines westlich von Johannesburg herrscht Arbeitskampf. Überall geht es um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne.
In der Platin-Mine von Marikana ist es nach den gewaltsamen Ausschreitungen für alle Beteiligten schwer, wieder zum Arbeitsalltag überzugehen. Auch vor diesem Hintergrund ist wohl das Angebot der Minenleitung zu verstehen, den Kumpels zunächst einmal kostenlose medizinische Versorgung anzubieten. Erst kommende Woche sollen die Förderbänder wieder anlaufen.
Konsequenzen für Regierungspartei ANC
Der Arbeitskampf ist zwar beendet, doch für Südafrikas Politiker ist er noch lange nicht vorbei. Viele Südafrikaner hätten das Vertrauen in ihre Regierung verloren, sagt Hubertus Welck von der Friedrich Naumann-Stíftung in Johannesburg. "Der ANC und die Regierung haben zu Beginn nicht in den Konflikt eingegriffen und später sogar noch die Polizei geschickt", erklärt Welck im Gespräch mit der DW. Er erwartet, dass parteiinterne Kritiker die Ereignisse in Marikana gegen Staatspräsident Jacob Zuma einsetzen werden.
Zuma will sich Ende des Jahres auf dem ANC-Kongress im Parteivorsitz bestätigen lassen. Als sein größter interner Gegner gilt der suspendierte Anführer der ANC-Jugendliga Julius Malema: Der Politiker hatte die Kumpels in der Platin-Mine mehrfach zum Weiterstreiken aufgerufen und stark gegen Präsident Zuma polemisiert. Dass Zuma das Ende des Arbeitskampfs politisch schaden könnte, glaubt Hubertus Welck nicht: "Er wird bald andere Bereiche finden, wo Menschen unzufrieden sind und wo er sein Spiel weiterspielen kann." Südafrika wird so schnell nicht zur Ruhe kommen.