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Erdogans Plädoyer

3. Juli 2008

Premier Erdogans AKP-Partei verteidigt sich im Schlussplädoyer gegen das drohende Verbot durch das türkische Verfassungsgericht. Medien berichten, ein Versuch, die Regierung zu stürzen, habe unmittelbar bevorgestanden.

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Vollbesetzte Richterbank, Frontansicht (1.5.07, Ankara - Türkei, Quelle: AP)
Schlussplädoyer vor dem türkischen VerfassungsgerichtBild: AP
Mann steht hinter Rednerpult, gestikuliert (29.4.08, Ankara - Türkei, Quelle: AP)
Oppositionsführer Baykal kritisiert Erdogans Vorgehen gegen die festgenommenen MilitärsBild: AP

Im Verbotsprozess gegen die türkische Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor dem Verfassungsgericht in Ankara hat am Donnerstag (03.07.2008) das Plädoyer der AKP begonnen. Eine Delegation unter Leitung von Vize-Regierungschef Cemil Cicek legte vor Gericht dar, warum sie den Islamismus-Vorwurf der Staatsanwaltschaft für ungerecht hält. Cicek und der stellvertretende Vorsitzende der Parlamentsfraktion Bekir Bozdag tragen einen 200 Seiten umfassenden Schriftsatz vor. Das Schlussplädoyer der AKP werde mehrere Stunden dauern, berichteten Fernsehsender.

Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya fordert ein Verbot der AKP, weil die Partei zu einem "Zentrum anti-laizistischer Aktivitäten" geworden sei. Die AKP arbeite offen und verdeckt daran, das islamische Scharia-Recht einzuführen. Der Ankläger will, dass die AKP aufgelöst wird und 71 Vertreter der Partei ein politisches Betätigungsverbot erhalten. Ob es zu einem Verbot der AKP kommt, ist nicht absehbar. Nachdem das Verfassungsgericht im Kopftuchstreit bereits gegen die AKP entschieden hat, führt der Generalstaatsanwalt dies als einen Beweis für eine verfassungswidrige Grundhaltung der Partei von Erdogan an. Andere Stimmen meinen, die Verfassungsrichter könnten es bei einem Warnschuss belassen. Ein Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet.

Medien: Umsturzversuch stand kurz bevor

Erdogan auf Hand gestützt, schaut nachdenklich (19.3.08, Istanbul - Türkei, Quelle: AP)
In Bedrängnis: Umstürzler und ein Gerichtsverfahren machen Premier Erdogans Partei zu schaffenBild: AP

Unterdessen wurden neue Einzelheiten über die Festnahme von mehr als 20 Erdogan-Gegnern in den vergangenen Tagen bekannt. Demnach stand ein Umsturzversuch gegen die Regierung unmittelbar bevor. Mehrere Zeitungen berichteten am Donnerstag übereinstimmend, im Rahmen der Festnahme von Regierungsgegnern seien Pläne für einen Umsturzversuch gefunden worden. Danach waren für den kommenden Sonntag landesweite Demonstrationen gegen die Regierung vorgesehen, bei denen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei provoziert werden sollten. Mit einer Serie von Attentaten und einer begleitenden Medienkampagne hätten die Beschuldigten einen Staatsstreich der Armee vorbereiten wollen.

Die Opposition kritisiert die Festnahmen. "Das ist der persönliche Kampf von Ministerpräsident Erdogan", sagt Oppositionsführer Deniz Baykal, Vorsitzender der Republikanischen Volkspartei (CHP). Er sieht in der Türkei böse Kräfte nach dem Beispiel deutscher Nazis oder russischer Stalinisten am Werk.

Steigende Spannungen befürchtet

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag 23 Verdächtige festnehmen lassen, darunter zwei Ex-Generäle. Sie werden der Mitgliedschaft in der rechtsgerichteten Organisation "Ergenekon" verdächtigt. Die Anklage gegen bereits länger in Untersuchungshaft sitzende mutmaßliche Bandenmitglieder soll in den kommenden Tagen vorgelegt werden. Nach Presseberichten wird ihnen die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Der Vorsitzende der nationalistischen Oppositionspartei MHP, Devlet Bahceli, forderte, das Ergebnis des Justizverfahrens gegen Ergenekon abzuwarten.

Seit dem vergangenen Sommer wurden bei Razzien gegen die Gruppe, die in der Türkei an Anschlägen beteiligt gewesen sein und einen Putsch gegen die AKP geplant haben soll, mehr als 100 Verdächtige festgenommen. Die neuen Festnahmen seien offensichtlich gezielt vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung gegen die AKP erfolgt, meinen einige türkische Zeitungskommentatoren. Der Schlagabtausch lasse für den möglichen Fall eines Verbotes der AKP Schlimmes erwarten. (rri)

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