Erdogan kritisiert Islamfeindlichkeit in den USA
3. April 2016Bei seinem Besuch in den USA hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan Islamfeindlichkeit als Reaktion auf Anschläge von Extremisten beklagt. "Leider sind wir in einer Phase zunehmender Intoleranz und Vorurteile gegenüber Muslimen in den Vereinigten Staaten und der Welt", sagte er vor tausenden Zuhörern bei der Einweihung einer Moschee im 10.000-Einwohner-Ort Lanham im Bundesstaat Maryland.
"Terrorismus hat keine Religion"
Muslime zahlten "den Preis" des Argwohns wegen "einer Handvoll Terroristen". Dies sei nicht akzeptabel. Der Terrorismus habe keine Religion, sagte Erdogan, aber viele ließen dies außer Acht.
Indirekte Kritik an Trump und Cruz
Der türkische Präsident kritisierte ausdrücklich die "hetzerische Rhetorik bestimmter Präsidentschaftsbewerber in den USA". Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur waren zuletzt die beiden Republikaner Donald Trump und Ted Cruz mit islamfeindlichen Aussagen aufgefallen. So hatte der bei den Republikanern führende US-Präsidentschaftsbewerber Trump nach einem islamistisch motivierten Anschlag im kalifornischen San Bernardino Anfang Dezember ein generelles Einreiseverbot für Muslime in die USA gefordert. Cruz will, dass die Polizei in muslimisch geprägten Vierteln stärker patrouilliert.
Die nun eingeweihte Moschee des islamischen Zentrums Diyanet in Lanham solle "eine entscheidende Rolle" dabei spielen, die USA mit dem Islam auszusöhnen, sagte Erdogan. Die muslimische Gemeinschaft trage "zur Stärkung der USA" bei. Die neue Moschee wurde für rund 110 Millionen Dollar im Stil der osmanischen Architektur des 16. Jahrhunderts erbaut und komplett von der Türkei finanziert. Sie soll die größte Moschee der USA sein und hat als einzige im Land zwei Minarette.
Spannungen zwischen Washington und Ankara
Zuvor hatte Erdogan am Donnerstag und Freitag an einem internationalen Nukleargipfel in Washington teilgenommen. Am Rande des Gipfels hatte er US-Präsident Barack Obama getroffen. Zunächst hatte es geheißen, Obama werde Erdogan nicht wie andere Staatschefs zu einem Einzelgespräch empfangen. Dies war als Affront gegen den türkischen Präsidenten gesehen worden.
Für Spannungen in den Beziehungen zwischen Washington und Ankara sorgt unter anderem der Streit über den Umgang mit kurdischen Kämpfern im Bürgerkriegsland Syrien. Obama äußerte sich außerdem nach seinem Treffen mit Erdogan "beunruhigt" über dessen Umgang mit der Pressefreiheit. In der Türkei war kürzlich die regierungskritische Zeitung "Zaman" unter Zwangsverwaltung gestellt worden. Außerdem läuft ein Spionage-Prozess gegen zwei führende Journalisten der Zeitung "Cumhuriyet".
cw/qu (rtr, afp)