Erdbeobachter Sentinel-1: Satelliten mit Radarblick
Die ESA-Mission Sentinel-1 überwacht Veränderungen auf der Erde - millimetergenau. Die Deformation der Landoberfläche, ihr Absinken, die rasante Urbanisierung - nichts geschieht ungesehen und vor allem nicht ohne Grund.
Bodenbewegungen kartographieren
Um zu erkennen, dass hier einiges im Umbruch ist, braucht es kein Satellitenbild. Doch die Radarbilder der Copernicus-Mission Sentinel-1 geben mehr Klarheit. Oft liegt die Deformation der Erdoberfläche an Veränderungen, die zum Großteil unterirdisch vonstatten gehen - etwa aufgrund von Grundwasserentnahme, der natürlichen Verdichtung von Sedimenten, Urbanisierung oder wie in diesem Fall: Bergbau.
Millimetergenauer Überblick
Diese Karte zeigt, wie sich die Landoberfläche im rheinischen Revier zwischen 2014 und 2019 jährlich um Millimeter verschoben hat. Die rot dargestellte Absenkung ist deutlich auf den Braunkohletagebau mit gleichzeitiger Grundwasserabsenkung zurückzuführen. Die blauen Flecken im angrenzenden Gebiet stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Anstieg des Grundwassers nach Einstellung des Bergbaus.
Erdbeobachtung für alle
Dass Sentinel-1 winzige Verschiebungen der Landoberfläche für ganz Deutschland kartiert hat, ist neu. Im Dienste der Wissenschaft ist die Mission allerdings schon länger unterwegs: 2014 ging Sentinal-1A an den Start, Sentinel-1B folgte 2016. Seitdem sammeln sie Daten, die für alle zugänglich sind und für die Bereiche Umwelt, Klimafolgenforschung, Verkehr, Wirtschaft und Sicherheit genutzt werden.
Senkungen durch Salzabbau
Dieses Bild basiert auf Daten von 2014 bis 2016. Es zeigt Oberflächendeformationen, die durch den Salzabbau um Veendam bei Groningen (Niederlande) entstanden sind. Grüne Punkte zeigen an, wo das Land stabil ist. Orange und rot stehen für Absenkungen der Erdoberfläche.
Erschütterungen und Erdrutsche
Solche Bodenbewegungen gehen nicht nur auf den Salzbergbau in den Niederlanden zurück. Auch durch den Steinkohleabbau, wie hier in Witten im Ruhrgebiet, kann es zu Erdrutschen oder Erschütterungen kommen. Solche menschengemachten Mini-Erdbeben können zu gefährlichen Gebäudeschäden führen, sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten.
Anfällige Ufer
Die aus dem Weltraum gemachten Aufnahmen können nützlich für Behörden sein, um die Stadtplanung zu verbessern oder sogar, um problematische Absenkungen zu erkennen, bevor sie mit bloßem Auge zu sehen sind. Hier ist sind Absenkungen entlang des Markermeers in den Niederlanden zu erkennen. Diese Bereiche sind in rot dargestellt, während die grünen Bereiche zeigen, wo der Boden stabil ist.
Berg in Bewegung
Osmundneset, auf der Ostseite des norwegischen Hyenfjords gelegen, ist ein großer instabiler Felshang. Die dunkelroten Punkte entsprechen einer Absenkung von bis zu zwei Zentimetern im Jahr zwischen 2015 und 2018. Die grünen Punkte zeigen eine vernachlässigbare Bewegung. Forscher möchten die geologischen Bedingungen und Risiken verstehen, um gegebenenfalls ein 24/7-Frühwarnsystem einzurichten.
Hoch hinaus?
Nein, es geht nach unten! Die Sentinel-1-Satelliten haben gezeigt, dass der Millennium Tower im Zentrum von San Francisco jedes Jahr um einige Zentimeter sinkt. Mit den Satellitendaten können die Wissenschaftler städtische Bodenbewegungen überwachen. Auch in Europa gibt es solche Senkungs-Hotspots.
Verschiebungs-Hotspots lokalisieren
Die Geologen haben auch andere Teile San Franciscos kartiert, wie die Gebäude entlang der erdbebengefährdeten Hayward-Verwerfungszone rechts im Bild. Links ist zu erkennen, dass dem Meer abgerungenes Land in der San Rafael Bay absinkt (gelb,orange). Unten rechts ist eine Landhebung zu sehen. Dort erholt sich wohl der Grundwasserspiegel nach einer vierjährigen Dürre (Daten von 2015 bis 2016).
Bahnhof in Bewegung
Sentinel-1-Daten, die zwischen dem 26. Dezember 2014 und dem 28. Oktober 2016 erfasst wurden, zeigen, dass Teile des Osloer Bahnhofs jährlich um 10-15 Millimeter absinken. Dies entspricht einer vertikalen Absenkung von 12-18 Millimetern pro Jahr. Dass sich das Opernhaus - das weiße Bauwerk am Fjord südlich des Absenkungsgebietes - hingegen nicht bewegt hat, ist auch gut zu sehen.
Neues Sentinel-Mitglied
Es gehört nicht nur das Sentinel-1-Pärchen zum Erdbeobachtungsprogramm, mittlerweile sind Satelliten bis zur Endung "-6" in der Umlaufbahn. Das neueste Familienmitglied ist am 21 November an den Start gegangen. Forschende wollen mithilfe von "Sentinel 6 Michael Freilich" vom Weltraum aus genauer auf die Ozeane schauen, um etwa den Anstieg des Meeresspiegels zu vermessen und zu kartieren.