Entsetzen über blutige Attacke auf UN-Büro
2. April 2011"Das war ein abscheulicher und feiger Anschlag auf Mitarbeiter der Vereinten Nationen, der unter keinen Umständen gerechtfertigt werden kann", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Ähnlich äußerten sich Spitzenpolitiker in aller Welt, auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich "tief entsetzt". Für die Getöteten habe ihr Einsatz für Afghanistan den höchsten Preis gefordert, so Westerwelle.
Der UN-Sicherheitsrat, der auf Antrag Deutschlands in New York zu einer Sondersitzung zusammenkam, verlangte am Samstag (02.04.2011) von der afghanischen Regierung Konsequenzen. Die Verantwortlichen müssten gefunden und bestraft werden, betonte etwa der deutsche Vizebotschafter Miguel Berger. Die Vereinten Nationen bestätigten, dass bei dem Überfall auf das UN-Büro in Masar-i-Scharif sieben Ausländer getötet wurden: drei seien Mitarbeiter des dortigen Büros gewesen, die vier anderen nepalesische Soldaten, die versucht hatten, die UN-Einrichtung zu schützen.
Wütender Mob
Nach Angaben der afghanischen Behörden hatten Hunderte Menschen anfangs friedlich gegen die Verbrennung eines Korans durch radikale Christen in den USA demonstriert. Die Verbrennung fand bereits vor knapp zwei Wochen in Gainesville/Florida statt, fand zunächst aber keine internationale Beachtung.
Als die Demonstranten das UN-Büro erreicht hatten, wurden die Proteste gewalttätig. Der Mob habe die Wachmänner überwältigt, das UN-Gelände gestürmt und das Gebäude in Brand gesteckt, berichteten Augenzeugen. Polizisten, die zur Verstärkung anrückten, seien mit Steinen beworfen worden. Wie es heißt, hatte der Vorbeter einer Moschee die Menschen beim Freitagsgebet aufgewiegelt. Bei den Ausschreitungen kamen auch mehrere Demonstranten ums Leben.
Der Angriff habe anscheinend nicht den Vereinten Nationen direkt gegolten, meinte UN-Untergeneralsekretär Alain Le Roy, zuständig für alle Friedensmissionen der Staatengemeinschaft. Die Demonstranten hätten einfach ein internationales Ziel gesucht. "Und die UN waren da."
Blutige Ausschreitungen auch in Kandahar
Am Samstag griffen die Proteste auch auf andere Landesteile über. In Kandahar im Süden Afghanistans wurden mindestens fünf Menschen getötet und etwa 45 verletzt. Nach Angaben der Behörden hatten Demonstranten versucht, mehrere Fahrzeuge und Geschäfte in Brand zu setzen. Auch in Herat im Westen des Landes kam es zu Protesten. Ebenfalls am Samstag wiesen die radikalislamischen Taliban jede Beteiligung an dem Angriff in Masar-i-Sharif vom Freitag zurück.
Schon 2010 hatte ein US-Pastor für große Empörung gesorgt, als er ankündigte, am Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September öffentlich den Koran zu verbrennen. Nach weltweiten Protesten sagte er die umstrittene Aktion schließlich aber ab.
Masar-i-Scharif liegt im Einsatzgebiet der Bundeswehr. Dort befindet sich auch das Hauptquartier des ISAF-Regionalkommandos Nord, das unter deutscher Führung den internationalen Einsatz in neun nördlichen Provinzen Afghanistans leitet. Die Stadt galt bislang als relativ friedlich und gehört zu den Gebieten, in denen von Juli dieses Jahres an die afghanischen Behörden die Sicherheitsverantwortung übernehmen sollen.
Autor: Christian Walz/Reinhard Kleber (afp, epd, dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Rainer Esser/Ulrike Quast