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Empörung über Nordkorea-Attacke

24. November 2010

Mit seinem tödlichen Artillerie-Angriff auf eine südkoreanische Insel hat Nordkorea heftige Kritik aus aller Welt auf sich gezogen. Südkorea ist derweil um Deeskalation bemüht.

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Südkoreaner vor TV-Bildschirm (Foto: AP)
Thema Nummer 1 - nicht nur in KoreaBild: AP

Szenen wie im Krieg: Granateneinschläge, Stromausfall, von brennenden Häusern aufsteigende Rauchsäulen, in Todesangst fliehende Menschen. Der Beschuss der südkoreanischen Insel Yeonpyeong durch Nordkorea hat international große Besorgnis ausgelöst.

Gefährlicher Grenzkonflikt

Bei dem Angriff am Dienstag (23.11.2010) waren nach südkoreanischen Angaben zwei Soldaten und zwei Zivilisten getötet worden, mehrere Menschen wurden verletzt. Nordkorea feuerte Dutzende Geschosse auf Yeonpyeong ab. Anschließend sei es zu einem rund einstündigen Gefecht an der umstrittenen Seegrenze zwischen beiden koreanischen Staaten gekommen, heißt es. Nordkorea erklärte, die Südkoreaner hätten zuerst geschossen. Daraufhin habe man harte militärische Gegenmaßnahmen ergriffen. Die Regierung in Seoul erklärte, in der Gegend seien Manöver abgehalten worden. Allerdings sei dabei nicht in nördlicher, sondern in westlicher Richtung gefeuert worden.

Karte Korea (Grafik: DW)

China, der engste Verbündete Nordkoreas in der Region, rief zur Besonnenheit auf. Beide koreanischen Staaten müssten mehr zum Frieden und zur Stabilität auf der Halbinsel beitragen, forderte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, die Nato, die Europäische Union und Russland warnten vor einer Eskalation des Konfliktes. Bundesaußenminister Guido Westerwelle meinte: "Diese erneute militärische Provokation gefährdet den Frieden in der Region."

US-Präsident Barack Obama appellierte an die asiatischen Staaten, Geschlossenheit gegenüber Nordkorea zu zeigen. Alle Länder in der Region müssten erkennen, dass Nordkorea eine "ernste und anhaltende Bedrohung" sei, sagte Obama dem amerikanischen Fernsehsender ABC. Die internationale Gemeinschaft müsse nun weiter Druck auf Nordkorea ausüben. Zu einem möglichen militärischen Vorgehen gegen das Land äußerte sich Obama nicht. Die USA haben mehr als 28.000 Soldaten in Südkorea stationiert.

Innenpolitische Gründe?

Lee Myung Bak mit Ministern und Experten (Foto: AP)
Krisensitzung in Seoul: Präsident Lee Myung Bak (M.)Bild: AP

Südkorea versetzte seine Armee in höchste Alarmbereitschaft. Präsident Lee Myung Bak erklärte, "willkürliche Angriffe auf Zivilisten" würden nicht hingenommen. Zugleich forderte er, die Situation dürfe nicht eskalieren. Alle Bemühungen zielten darauf ab, eine Zuspitzung des Konflikts zu verhindern, versicherte Chung Min Lee, ein Experte des Außenministeriums in Seoul. Doch wenn Nordkorea seine Angriffe nicht stoppe, werde die militärische Antwort darauf viel härter ausfallen. Dies bedeute nicht, dass Südkorea in den Norden einmarschiere. "Aber wir werden in ähnlicher Weise reagieren, inklusive des Ausschaltens der Artillerie-Stellungen, die auf südkoreanisches Territorium gefeuert haben." Dafür führte Chung die Möglichkeit von Luftangriffen an.

Der nordkoreanische Angriff - so die Einschätzung von Chung Min Lee - könnte innenpolitische Gründe haben. Schließlich sei Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il gerade dabei, die Macht an seinen Sohn Kim Jong Un zu übertragen. In Berichten sei von sporadischem Widerstand gegen diesen Plan die Rede. Möglicherweise wolle Kim in dieser kritischen Phase Angst in der eigenen Bevölkerung schüren. Die Attacke könnte aber auch als trotzige Botschaft der Führung in Pjöngjang interpretiert werden, mit ihrem Atomprogramm fortzufahren, sagte Chung.

Kriegszustand seit Jahrzehnten

Formal befinden sich Nord- und Südkorea noch immer im Kriegszustand - sie haben nach dem Korea-Krieg kein Friedensabkommen geschlossen. Pjöngjang erkennt die von den Vereinten Nationen zum Kriegsende 1953 einseitig gezogene Seegrenze nicht an. Die Insel Yeonpyeong liegt in unmittelbarer Nähe dieser Grenze im Gelben Meer.

Autor: Christian Walz (afp, dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Gerhard M Friese