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Emissionshandel mit Hürden

16. Februar 2005

Ein wichtiger Teil des Kyoto-Protokolls ist der Handel mit Emissions-Rechten. In der Europäischen Union sind vier Länder noch nicht startklar für diesen Handel. Und Deutschland hat mehr versprochen, als es halten kann.

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Getrübte IdylleBild: Bilderbox


Wangari Maathai
Wangari Maathai (Archiv)Bild: AP

Die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai hat die Verantwortung jedes Einzelnen im Kampf gegen die Erwärmung der Erdatmosphäre betont. Bei einem Festakt anlässlich des In-Kraft-Tretens des Klimaschutzprotokolls sagte die kenianische Umweltschützerin am Mittwoch (16.2.2005) im japanischen Kyoto: "Wir müssen bei uns selbst anfangen. Wir sind die Generation, die es noch schaffen kann, es anders zu machen." Sie forderte mehr Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgase. Das Problem dabei sei, dass viele Menschen sich an ihren derzeitigen Lebensstil gewöhnt hätten.

EU bleibt zurück

Während große Umweltsünder wie die USA und China dem Protokoll, das 1997 in Kyoto ausgearbeitet wurde, erst gar nicht beitraten, hinkt die Europäische Union bei der Erfüllung des Protokolls hinter ihren Zusagen hinterher. Das Protokoll sieht vor, dass die 15 alten EU-Staaten ihren Treibhausgasausstoß bis 2012 um acht Prozent gegenüber 1990 senken. Von diesem Ziel ist die EU derzeit noch weit entfernt. Aus einem im Januar 2005 veröffentlichten Fortschrittsbericht der EU-Kommission geht hervor, dass die 15 alten EU-Staaten ihren Treibhausgasausstoß bis 2002 nur um 2,9 Prozent gegenüber 1990 gesenkt haben. Während also bereits mehr als die Hälfte der vereinbarten Zeit verstrichen ist, ist nur etwa ein Drittel der Leistung erbracht worden.

Spanien, Malta, Ungarn, Litauen und Zypern hatten sich beeilt und noch kurz vor Jahresende 2004 ihre Klimaschutz-Pläne genehmigen lassen. Vier der 24 EU-Mitgliedstaaten hinken allerdings nach wie vor hinterher: Die Emissionshandelspläne von Griechenland, Italien, der Tschechischen Republik und Polen müssen von Brüssel noch abschließend gebilligt werden. Dies will die EU-Kommission "so schnell wie möglich" tun. Die ersten Entwürfe waren als "nicht streng genug" zurückgewiesen worden. Griechenland hat als einziger EU-Staat keinen nationalen Plan für die Verteilung der Emissionsrechte.

Deutschland übereifrig

Deutschlands Klimaschutz-Stategie lag pünktlich in Brüssel vor - das Land versteht sich seit den 1990er Jahren als Vorreiter im internationalen Klimaschutz. So verpflichtete sich die Regierung Kohl 1995 einseitig, den deutschen Ausstoß von Kohlendioxid bis 2005 um 25 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken. Die tatsächliche Entwicklung hielt allerdings nicht mit. Zwar sackte der Ausstoß von Kohlendioxid in den 1990er Jahren drastisch ab, doch war dies hauptsächlich dem wirtschaftlichen Umbruch in den neuen Bundesländern geschuldet: Alte Fabriken und Kraftwerke wurden geschlossen oder modernisiert.

Seit Ende der 1990er Jahre ist der Trend zur Verringerung der Emissionen sehr schwach. So räumte Bundeskanzler Gerhard Schröder schon 1999 ein, dass ohne erhebliche neue Anstrengungen das 25-Prozent-Ziel bis 2005 nicht zu schaffen sei. Während die Industrie im Vergleich zu 1990 ihren Ausstoß von Kohlendioxid um 31 Prozent verringert hatte und die Energiewirtschaft ihren um immerhin 18 Prozent, hatten die Emissionen aus dem Verkehr um elf und aus den privaten Haushalten um sieben Prozent zugenommen. Im Jahr 2000 stiegen die deutschen Emissionen insgesamt erstmals seit Jahren gegenüber dem Vorjahr wieder an.

19 Millionen Tonnen Klimagase jährlich müssen bis 2012 noch eingespart werden. Zehn Millionen Tonnen soll der Emissionshandel bringen. Rund 1200 Unternehmen beteiligen sich daran. Weitere neun Millionen Tonnen sollen in privaten Haushalten und im Verkehr gespart werden. Mit einer nationalen Klimaschutzstrategie beschloss die Bundesregierung im Oktober 2000 für die Sektoren Gebäude, Energiewirtschaft und Verkehr Maßnahmen, die weitere 70 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr sparen sollten. Dadurch, dass in Deutschland etwas weniger Zertifikate ausgegeben werden als eigentlich gebraucht würden, müssen die Unternehmen den Ausstoß reduzieren und modernisieren - oder aber Zertifikate zukaufen.

Handels- oder Handlungsanreize?

Insgesamt 1,485 Milliarden Zertifikate hat die Bundesregierung kostenlos an 1860 Anlagen in Deutschland für den Zeitraum 2005 bis 2007 verteilt. Gegenwert: fast 13 Milliarden Euro. Diese Zertifikate werden in einem Register der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHST) beim Umweltbundesamt in Berlin, einer Art "Bank für Zertifikate", auf individuellen Konten gutgeschrieben. Damit wissen die Unternehmen, wieviel Kohlendioxid sie in den nächsten Jahren ausstoßen dürfen.

Die Zuteilung erfolgt bei bestehenden Anlagen auf der Basis der Emissionen der Jahre 2000 bis 2002. Bei neuen Anlagen ist eine Prognose über die künftige Produktion ausschlaggebend. Den Preis für ein Emissionszertifikat machen die Unternehmen untereinander aus - oder sie gehen wie beim Einkauf von Strom oder Rohstoffen an die Börse. (arn/mas)