Elizabeth die Pflichtbewusste
21. April 2006Die Königin wird künftig kürzer treten. Pünktlich zum Geburtstagsjubiläum am Freitag (21.4.) plant Elizabeth II., sich nur noch ein bis zwei Tage pro Woche an ihrem offiziellen Dienstsitz, dem Londoner Buckingham-Palast aufzuhalten. Den Rest der Zeit will sie mit Ehemann Philip auf Schloss Windsor vor den Toren der britischen Hauptstadt verbringen. "Die Königin wird 80, und deshalb müssen die Angelegenheiten eine angemessenere Geschwindigkeit bekommen", sagte eine Palastsprecherin der Tageszeitung "The Times".
Doch während ihre Majestät sich nun im fortgeschrittenen Alter ein paar extra Ruhetage gönnen will, hat sie offenbar keinerlei Pläne, das Zepter an ihren Nachfolger zu übergeben. "Es geht darum, mit der Aufgabe, die man zu erfüllen hat, zu reifen und die Tatsache zu akzeptieren, dass es Schicksal ist", sagte Elizabeth vor einigen Jahren in einer Fernsehdokumentation. "Ich glaube, dass Kontinuität sehr wichtig ist. Es ist eine Lebensaufgabe".
Die Sorge um den Fortbestand der Monarchie ist sicherlich einer der Hauptgründe für Entschlossenheit der Königin, unter keinen Umständen abzudanken sondern bis zum letzten Atemzug zu regieren. Zu stark ist die Erinnerung an die Entscheidung ihres Onkels Edward VIII., 1936 seine Beziehung zur geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson dem Thron vorzuziehen. Edwards Abdankung brachte die Monarchie zum Wanken und zwang Elizabeths Vater, Georg VI., auf den Thron.
Abschied vom Weltreich
Deshalb versicherte die pflichtbewusste Kronprinzessin ihren zukünftigen Untertanen schon an ihrem 21. Geburtstag in einer Radioansprache: "Mein ganzes Leben, ob kurz oder lang, soll in ihren Diensten und den Diensten unserer großen kaiserlichen Familie stehen, zu der wir alle gehören".
Aus der kaiserlichen Familie war jedoch nach der Unabhängigkeit Indiens längst wieder eine königliche Familie geworden, als Elizabeth 1952 nach dem Tod ihres Vaters Monarchin wurde. Sie herrschte nun über ein zerbröckelndes Kolonialreich, dessen Teile sich nach und nach vom Mutterland lösten und die Königin durch ein gewähltes Staatsoberhaupt ersetzten.
Nichtsdestotrotz fühlte sie sich verantwortlich, als Oberhaupt des Commonwealth von 54 Ländern mit 1.7 Milliarden Menschen zum Erhalt des Staatenbundes beizutragen, auch wenn ihre eigene Rolle - wie in Großbritannien - ausschließlich zeremonieller Natur blieb.
Machtlose Macht
So regiert Elizabeth zwar offiziell über ihre britischen Untertanen und keine britischen Bürger. Sie eröffnet jährlich "ihr" Parlament mit einer Thronrede, bei der sie das Programm "ihrer" Regierung bekannt gibt. Gesetze benötigen ihre Billigung und Gerichte fällen Urteile in ihrem Namen. Sie kann in den Krieg ziehen und ist Oberhaupt der Kirche von England. Doch praktisch fügt sich Elizabeth - wie ihre Vorgänger seit 1688 - dem Willen der Regierung und bewahrt als konstitutionelle Monarchin politische Neutralität.
Nur einmal, als die damalige Premierministerin Margaret Thatcher 1986 Sanktionen gegen Apartheid-Südafrika ablehnte und tief greifende Kürzungen des Sozialstaates plante, informierten königliche Berater angeblich Journalisten über die Vorbehalte der Königin. Die von ihr abgelehnten Gesetze unterzeichnete Elizabeth trotzdem.
Sicherer Arbeitsplatz
In den 1990er Jahren stürzten die gescheiterten Ehen von Elizabeths Kindern und der Tod von Prinzessin Diana die Monarchie zwar kurzfristig in eine Krise. Doch laut einer jüngsten Umfrage ist Elizabeth nach hunderttausenden von Ordensverleihungen, etwa 3135 Gesetzen, hunderten von Staatsbesuchen, rund 30 Corgis, zehn Premierministern und mehr als einem halben Jahrhundert auf dem Thron nach wie vor das beliebteste Mitglied der königlichen Familie.
Während einige Länder, wie zum Beispiel Australien, sich nach ihren Ableben zur Republik wandeln könnten, scheint das dienstälteste Staatsoberhaupt Europas zumindest im Stammland die berufliche Zukunft ihrer Familie gesichert zu haben: Mehr als zwei Drittel der Briten sind für die Beibehaltung der Krone. Begeisterung könnte allerdings erst wieder beim übernächsten König aufkommen. Weit vor seinem Vater Charles folgt Prinz William in der Beliebtheitsskala auf dem zweiten Platz. (win)