Deutsch-Französisches Jugendwerk
5. Juli 2013Es war eine Feier von Jugendlichen und für Jugendliche aus beiden Ländern, mit Theater- und Musikaufführungen und Videoshows. Aber auch die - erwachsene - Prominenz aus der Politik durfte nicht fehlen. Denn das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) war und ist auch ein Politikum. 1963, knapp zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde es vom damaligen französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle und dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer gegründet, als Versuch, die "Erbfeindschaft" zwischen beiden Völkern endgültig zu beenden. Doch, so die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Videobotschaft: "Auch Freundschaft lässt sich nicht einfach vererben. Jede Generation muss aufs Neue zueinander finden". Dazu leiste das Jugendwerk einen entscheidenden Beitrag.
Nicht immer war Frieden normal
Auch Merkel hat den Krieg nicht mehr erlebt, geschweige denn die 35-jährige deutsche Jugendministerin Kristina Schröder, die durch ihr Amt Ko-Vorsitzende des DFJW-Verwaltungsrates ist und nach Paris gekommen war: "Für meine Generation ist es normal, dass wir in Frieden miteinander leben. Aber selbst ich hab' ja noch Erinnerungen an den Kalten Krieg, und ich weiß deswegen, was Uneinigkeit in Europa bedeutet." An den Austauschprogrammen haben seit 1963 acht Millionen junge Deutsche und Franzosen teilgenommen. Das zeigt, so Schröder, "wie großartig damit der Gedanke der deutsch-französischen Freundschaft in den Herzen der Menschen verankert wird."
Ohne deutsche Vergangenheitsbewältigung war das alles nicht möglich. Darauf wies der 88-jährige deutsch-französische Publizist Alfred Grosser hin. Grosser war wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 mit seinen Eltern von Deutschland nach Frankreich geflohen und steht so für die Veteranengeneration, die noch sehr genau weiß, welche Errungenschaft Versöhnung ist. "Deutschland hat sich radikal geändert", so Grosser, "was den französisch-deutschen Austausch erst möglich macht."
Bei der Freundschaft nicht sparen
Ob die heutigen Jugendlichen viel damit anfangen können? Sie haben andere Probleme: Sie finden zum Beispiel oft keine Arbeit. In Frankreich ist das Problem deutlich größer als in Deutschland, und in Griechenland und Spanien noch viel schlimmer. Deswegen kommen auch die Feiern zum DFJW nicht ohne das Thema aus. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sagte in seiner Videobotschaft: "Die Bundeskanzlerin und ich wollen der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eine der höchsten Prioritäten in Europa einräumen."
Hollande hatte am Mittwoch am europäischen Gipfel gegen Jugendarbeitslosigkeit in Berlin teilgenommen. Mit dem Austauschprogramm bei der beruflichen Ausbildung, Forschung und in Betrieben leistet auch das DFJW einen Beitrag. Und auch deswegen wollen Merkel und Hollande den Jahresetat des DFJW erhöhen - ein seltener Fall dafür, dass die als Sparerin bekannte Merkel mit französischen Mehrausgaben einverstanden ist, wie Grosser spöttisch anmerkte.
Lange Wörter und interessante Kultur
Doch wie steht es um das gegenseitige Interesse an der Sprache und Kultur des anderen? Schon seit Jahren geht nämlich vor allem das Sprachenlernen zurück. Englisch ist nicht nur die alles beherrschende Erstsprache Europas und weltweit. Spanisch hat auch auf beiden Seiten des Rheins vielfach das Französische beziehungsweise Deutsche als Zweitsprache verdrängt. Die Jugendlichen in Paris ficht das jedenfalls nicht an. Zwei zehnjährige französische Schülerinnen schwärmen von der "interessanten deutschen Kultur". Vieles sei so anders, das Essen, die Häuser, natürlich die Sprache. Daran finden sie vor allem "die langen Wörter und die Konjugationen" schwierig. Doch sie haben dabei so einen Glanz in den Augen, dass sie sich bestimmt nicht vom Deutschlernen abhalten lassen.