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Ein verständliches Nein für Arcandor

9. Juni 2009

Der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor ist pleite. Doch die Insolvenz muss nicht das Ende des Konzerns sein, meint Henrik Böhme in seinem Kommentar.

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Henrik Böhme, Redakteur der Wirtschaftsredaktion (Quelle: DW)

Das Warten auf Staatsgeld hat ein Ende. Berlin lässt die Schatulle zu. Das ist gut so, denn nun wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Jede Fristverlängerung, gnädig eingeräumt von der Bundesregierung in Berlin für den taumelnden Riesen Arcandor, machte das Hoffen und Bangen für die vielen Tausend Mitarbeiter nur noch unerträglicher. Denn es musste jedem vernünftig Denkenden klar sein: Hier tut sich ein Fass ohne Boden auf. Die Zurückhaltung der Eigentümer des Konzerns - der Privatbank Sal. Oppenheim und die Milliardärin Madeleine Schickedanz - sie dürfte auch den letzten Gutgläubigen überzeugt haben, dass da etwas nicht stimmen kann mit der Struktur von Arcandor.

Es ist gut, dass sich die Bundesregierung nicht ein zweites Mal nach Opel hat erpressen lassen. Zugegeben: Die Probleme von Opel sind nicht die Probleme von Arcandor. Aber die Ursachen für die Schieflage sowohl des Autobauers als auch des Handelskonzerns finden sich lange vor Ausbruch der Krise. Und insofern war die Unterstützung für Opel ein ordnungspolitischer Sündenfall, geschuldet dem bereits tobenden Wahlkampf in Deutschland.

Lange Geschichte der Abwärtsspirale

Am Beispiel von Arcandor lässt sich wunderbar studieren, was unfähige Manager anrichten können. Was einst vor 128 Jahren in Wismar an der deutschen Ostseeküste begann, endet im unternehmerischen Fiasko. Rudolf Karstadt, der einst das "Confections- und Tuchgeschäft C. Karstadt" gründete, dürfte sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, was aus dem einst stolzen Unternehmen geworden ist. Karstadt steht auch für das deutsche Wirtschaftswunder, und als man Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts das ebenfalls traditionsreiche Versandhaus Neckermann übernahm, war man auf dem Höhepunkt. Karstadt wurde zu Europas größtem Warenhauskonzern.

Kurz vor der Jahrtausendwende dann noch die Fusion mit dem Versandhausriesen Quelle: Die Traumhochzeit schien perfekt. Doch in Wirklichkeit begann damals der Abstieg. Denn von da an ging es nur noch abwärts. Im Gegensatz zum großen Konkurrenten Metro verpasste man im Hause Karstadt die Internationalisierung des Geschäfts.

Neue Chefs kamen und gingen, strukturierten um, bauten Jobs ab - doch der Schuldenberg wuchs immer weiter. Mit dem einstigen Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff kam schließlich der knallharte Sanierer, der alles Tafelsilber verkaufte - und dabei offenbar auch an sich selbst dachte: Die Staatsanwaltschaft Essen leitete Vorermittlungen wegen fragwürdiger Immobiliengeschäfte ein. Mittelhoff hinterließ seinem Nachfolger Karl-Gerhard Eick 950 Millionen Euro Schulden.

Nach dem Kampf ums Staatsgeld

Dieser Karl-Gerhard Eick hat gekämpft, hat im Kanzleramt um Staatshilfen gebettelt, seinen Mitarbeitern versichert, er werde um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Als Berlin deutlich machte: Von uns keine Hilfe!, da musste Eick den gewiss nicht einfachen Gang zum Insolvenzrichter antreten. Das muss nicht das Ende des Unternehmens sein. Ziel der Insolvenz ist die Sanierung des Konzerns. Vorstellbar ist, dass ein Großteil der Häuser vom Konkurrenten Metro geschluckt wird und das blaue Karstadt-Logo durch das grüne Kaufhof-Schild ersetzt wird. Auch wenn die Hoffnung zuletzt stirbt, so ist es dennoch ein harter Schlag für die vielen Tausend Mitarbeiter des Konzern, die nun vor einer ungewissen Zukunft stehen.

Die Bundesregierung muss sich nun fragen lassen, warum sie bei Opel weich wurde - und bei Arcandor so hart geblieben ist. Denn das Rettungskonzept von Opel, auf dem die Freigabe von Millionen Steuergeldern beruht, ist ein extrem fragiles Gebilde. Noch ist überhaupt nicht sicher, ob es erfolgreich sein wird. Nicht umsonst hatte Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg seine Bedenken in aller Öffentlichkeit geäußert und sich dafür den Zorn der halben Regierung eingehandelt. Womöglich wird man in nicht allzu ferner Zeit sagen: Der Mann hatte Recht. Bei Arcandor sind nun die Insolvenzverwalter gefragt. Sie haben es mit dem größten Insolvenzfall in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun. Es ist der schwärzeste Tag in der traditionsreichen Geschichte eines großen Konzerns. Aber es gut möglich, dass er den Beginn einer besseren Zeit einläutet. Ganz und gar ohne Staatshilfe.

Autor: Henrik Böhme

Redakteurin: Insa Wrede