Toter bei Protesten in Tunesien
9. Januar 2018Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten in Tunesien ist in der Nacht zum Dienstag ein Mensch ums Leben gekommen. Der 43-jährige Mann starb in der etwa 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Tunis gelegenen Stadt Tebourba. Dort und in mehreren anderen tunesischen Städten hatten Bürger gegen gestiegenen Preise und Steuererhöhungen protestiert.
Die Regierung kündigte einen unnachgiebigen Kurs an. Einige Regionen des Landes hätten keinen Protest erlebt, sondern "Diebstahl, Plünderung und Angriffe auf Tunesier", sagte Ministerpräsident Youssef Chahed, wie die staatliche Nachrichtenagentur TAP berichtete. Die Regierung sei bereit "zuzuhören", doch die Demonstrationen müssten "friedlich" vor sich gehen.
Autopsie soll Todesursache klären
Das Innenministerium teilte mit, 44 Menschen seien festgenommen worden. Es wies den Vorwurf zurück, das Todesopfer sei durch Gewalt der Polizei gestorben. Eine Autopsie soll die Todesumstände klären. Örtliche Medien berichteten, der Mann habe unter Atemproblemen gelitten und sei wahrscheinlich an Tränengas erstickt. Auch in anderen Städten kam es zu Gewalt. Augenzeugen berichteten, in einem Stadtviertel von Tunis hätten Demonstranten Reifen angezündet und Straßen blockiert.
Erhöhte Steuern und Sozialabgaben
Nach dem sogenannten Arabischen Frühling, der 2010 in Tunesien begonnen hatte, gilt das Land als das einzige, in dem eine Demokratisierung nach westlichen Standards stattfand. Der Aufstand jetzt richtet sich unter anderem gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge. Die Maßnahmen sind Teil eines Sparhaushalts für 2018 und waren am Montag in Kraft getreten.
Nach mehreren Terrorangriffen auf Urlauber hatte in den vergangenen Jahren vor allem der Tourismussektor des nordafrikanischen Landes gelitten. Wegen des steigenden Staatsdefizits ist zudem der Wert des tunesischen Dinars gesunken. Damit hat die Regierung noch größere Probleme, ihre Auslandsschulden zu begleichen.
Opposition ruft zu weiteren Demos auf
Die wichtigste Oppositionspartei rief zu weiteren Kundgebungen gegen die Sparmaßnahmen auf. Der Chef der Volksfront, Hamma Hammami, kündigte an, sich auch mit den anderen Oppositionsparteien abzusprechen. Die Anhänger seiner Partei würden in jedem Fall auf den Straßen bleiben, bis "dieses ungerechte Finanzgesetz" zurückgenommen werde.
uh/sti (dpa, afp, rtr)