Ein starkes Signal für Eiserne Ladies
7. Oktober 2011Die Spekulanten lagen mal wieder falsch: Der Friedensnobelpreis geht nicht an Altkanzler Helmut Kohl und nicht an die Europäische Union. Er wird drei starken Frauen aus Afrika und dem Jemen verliehen. Damit setzt die Jury ein klares Signal: beim Aufbau von Demokratie und Frieden kommt den Frauen eine immens wichtige Rolle zu. In Afrika ebenso wie in der arabischen Welt.
Die Wahl der Jury zeigt: Es gibt keinen Grund, dass Frauen nach den Demonstrationen und Freiheitsbewegungen wieder in Familien und privatem Umfeld verschwinden, wie es jetzt auch in den arabischen Ländern droht. Alle drei Frauen zeigen: Allein politische Beteiligung und soziale Verantwortung in höchsten Positionen werden auf Dauer dafür sorgen, dass die Interessen und Rechte der weiblichen Hälfte der Gesellschaft gewahrt und vertreten werden.
Frauen tragen die Hauptlast
Gerade Liberia ist ein gutes Beispiel dafür, dass das in vielen Regionen der Welt nicht der Fall ist. Wie in allen Kriegen weltweit, trugen die Frauen eine Hauptlast in dem mehr als 14 Jahre währenden Bürgerkrieg. Die erschreckende Bilanz: 250.000 Tote, eine Million Vertriebene, unzählige Opfer von Gewalt und Vergewaltigungen.
Ellen Johnson-Sirleaf trat 2006 als Präsidentin eine der wohl schwierigsten politischen Aufgaben weltweit an. Absolut furchtlos, hart in der Sache und zäh nahm sie den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft auf, begann das am Boden liegende Land und seine traumatisierten Menschen aufzurichten und in Richtung Normalität zu führen. Sie ließ sich nicht schrecken von Politikmachos und korrupten Seilschaften. Sie räumte so radikal auf, dass sie mehr als einmal Morddrohungen erhielt.
Ohne Wahlen keine Demokratie
Dass die eiserne Lady aus Westafrika ausgezeichnet wird, ist aber auch ein Signal über die Person hinaus: Denn in Liberia wird in Kürze gewählt. Zum zweiten Mal seit der Staatsgründung im Jahr 1847 soll es ordentliche und demokratische Wahlen geben. Doch immer wieder droht die Wahl an Hindernissen zu scheitern. Die alten Kader kehren zurück, undemokratische Kräfte leben immer wieder auf.
Mit dem Friedensnobelpreis an die liberianische Präsidentin wird eine weitere große politische Botschaft verbunden: Freiheit und Demokratie werden nicht durch Protestbewegungen entschieden. Erst Wahlen und der Aufbau demokratischer Institutionen entscheiden darüber. Das gilt für das westafrikanische Liberia ebenso wie für Nordafrika, wo im Oktober und November in Tunesien und in Ägypten gewählt werden soll.
Kampf für Frieden und Freiheit
Die diesjährige Auszeichnung an drei Personen macht auch deutlich, dass es einen soziale und eine politische Seite im Kampf für Frieden und Freiheit gibt. Neben der aktiven Politikerin Johnson-Sirleaf werden zwei starke Frauen aus der Zivilgesellschaft ausgezeichnet: die knapp 40-jährige Leiterin der großen afrikanischen Nichtregierungsorganisation "Frauennetzwerk für Frieden und Sicherheit" in Afrika, Leymah Roberta Gbowee und die junge mutige Kämpferin für mehr Frauenrechte im konservativ-muslimischen Jemen, Tawakkul Karman. Radikale Islamisten werfen ihr vor, sie wolle die Frauen zur Rebellion gegen die Männer anstacheln. Dabei plädiert die Vorsitzende der Vereinigung "Journalistinnen ohne Ketten" nur für den Respekt der Grundrechte: gegen Gewalt und Bildungsverbote, gegen Zwangsheirat und für mehr politische Beteiligung.
Das tat auch die liberianische Bürgerrechtlerin Gbowee. Sie kämpfte gemeinsam mit Frauen in ihrem Land für den Frieden und sorgte nach Ende des Bürgerkriegs dafür, dass die kriegsgeschädigte Generation in die Gesellschaft zurückkehren konnte. Ohne diese Arbeit an der Basis stünde es um die Rechte der Frauen weit schlechter.
Es geht mit dem Friedensnobelpreis 2011 um ein wichtiges Gut, ohne das sich Frieden und Demokratie nirgendwo auf der Welt dauerhaft entwickeln werden: das Recht der Frauen auf volle Beteiligung an der Schaffung von Frieden – und um ihre volle Beteiligung der Schaffung von Demokratie und politischer Ordnung. Die sind auch im 21. Jahrhundert noch keine Selbstverständlichkeit – Deshalb: Dank an die Jury!
Redaktion: Martin Muno