Ein Meisterwerk der Fotografie: "Menschen des 20. Jahrhunderts"

Das familiäre Motiv nimmt in Sanders Werk eine wichtige Rolle ein. Viele der Aufnahmen in familiären Kontexten entstanden ursprünglich als Auftragsarbeit und wurden später dem Zyklus hinzugefügt. Anlässe dafür boten Jubiläen, Geburtstage, Taufen, Konfirmationen oder Hochzeiten.

Drei Männer mit breitkrempigen Hüten, die Zigarette lässig im Mundwinkel, die Gehstöcke fest in der Hand. August Sanders "Jungbauern" gehören wohl zu den bekanntesten Motiven des Künstlers. Richard Powers wurde von der Ikone sogar zu dem Roman "Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz" inspiriert. Heute steht jedoch fest: Die drei Herren waren keine Bauern, sondern Bergarbeiter.

Der Konditormeister im weißen Kittel und mit Rührschüssel stellt sich seinen Betrachtern selbstbewusst entgegen. Auf der Fotografie von 1928 ist er ein erfolgreicher Mann und besitzt ein florierendes Geschäft. Es existiert jedoch auch eine weitere Fotografie von ihm, die etwa zehn Jahre später entstand: Auf dieser ist er als Witwer mit seinen Söhnen abgelichtet.

Verschlissene Schuhe, ausgebeulte Kleidung, raue Hände. Das Foto der Arbeiter aus dem Ruhrgebiet lässt heute noch die kurz zuvor stattgefundene Anstrengung nachfühlen. Sander fotografierte die Gesellschaftsschicht der Arbeiter nicht in einem Atelier, sondern stets dort, wo sie auch ihren Beruf ausübten.

Künstler waren ein beliebtes Fotomotiv für Sander. 1929 lichtete er den Maler, Fotografen und Schriftsteller Raoul Hausmann ab, der mit seinen Romanen und anderen schriftstellerischen Werken als Vertreter des Berliner Dadaismus bekannt wurde.

Ein scheuer Blick, eine leichte Handgeste: Wo kommt das Mädchen her? Wo geht es hin? Reist es bald mit dem Zirkus in die nächste Stadt? Die Fotografien Sanders, zu denen der Hintergrund nicht bekannt ist, laden zum Träumen und Geschichten erzählen ein.