"Ein Leuchtfeuer der Freiheit"
22. Mai 2009Köhler appellierte bei dem Festakt an die Bürger, trotz der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise den Mut nicht zu verlieren. "Wir werden uns bewähren", sagte er am Freitag (22.05.2009) im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt.
Der Bundespräsident bezeichnete das Grundgesetz, das vor 60 Jahren in Kraft trat, als "Leuchtfeuer der Freiheit". Die Bürger hätten es mit Leben erfüllt und damit auch den Menschen in der DDR Hoffnung gegeben.
"Einheit Deutschlands ist nie fertig"
Die friedliche Revolution von 1989 und den Mut der DDR-Bürgerrechtler würdigte Köhler mit besonderem Nachdruck. Er erinnerte auch an die Todesopfer des SED-Regimes. Den ehemaligen DDR-Bürgern sei eine großartige Aufbauleistung gelungen. Köhler betonte aber auch, an der Einheit Deutschlands müsse weiter gearbeitet werden, da sie "nie fertig" sei.
Der Bundespräsident zeigte Verständnis für die Verbitterung vieler Ostdeutscher über die hohe Arbeitslosigkeit. "Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die Teilung unseres Landes in der Arbeitslosenstatistik fortbesteht", sagte er.
"Wirtschaftskrise für ökologische Revolution nutzen"
Die Wirtschaftskrise sollte nach den Worten des Bundespräsidenten für eine ökologische industrielle Revolution genutzt werden, bei der neue Energiequellen erschlossen und neue Produktionsweisen entwickelt werden. Größere Aufmerksamkeit sollte auch dem Wert und der Würde der Arbeit gewidmet werden, die "Menschen für Menschen leisten", sagte Köhler.
Der Bundespräsident appellierte zudem an Politik und Bürger, sich neue Ziele zu setzen, so wie es die Verfasser des Grundgesetzes in der Präambel auch getan hätten. Köhler warb für die Einheit zwischen den Generationen, zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen, Zuwanderern und Einheimischen sowie zwischen Arm und Reich. Gerechte Bildungschancen für alle, eine umweltgerechte Wirtschaft und eine verantwortungsvolle Europapolitik seien weitere wichtige Ziele.
Gottesdienst im Berliner Dom
Kurz vor dem Staatsakt fand im Berliner Dom ein ökumenischer Festgottesdienst statt. Daran nahmen auch die Spitzen von Staat, Politik und gesellschaftlichen Organisationen teil, unter ihnen Bundespräsident Köhler und Kanzlerin Angela Merkel.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, erinnerte zum Jahrestag des Grundgesetzes an die Bedeutung des Gottesbezugs und der Grundwerte in der Präambel. Sie seien "das Fundament, auf dem wir auch heute stehen". Wenn der Mensch dagegen die Ehrfurcht vor Gott bewusst aufkündige und sich selbst an seine Stelle setze, werde die Bahn frei für Diktatur und Willkür.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, rief die Politik dazu auf, angesichts der Wirtschaftskrise die Sorgen der Menschen nicht außer Acht zu lassen. Auf den Trümmern der NS-Diktatur sei ein demokratischer Staat entstanden, der nicht zur Disposition stehe, sagte Huber.
Wahl des Staatsoberhaupts
Am Nachmittag und Abend wollen die Bundestagsfraktionen ihre letzten Vorbereitungen für die Bundespräsidentenwahl treffen. Anschließend finden mehrere Feste und Empfänge der Fraktionen statt.
Nach weiteren Fraktionssitzungen am Samstagmorgen tritt am Mittag die Bundesversammlung zusammen, um das Staatsoberhaupt zu wählen. Köhler bewirbt sich dabei um eine zweite Amtszeit. Seine Gegenkandidaten sind die Politikprofessorin Gesine Schwan, die für die SPD antritt, und der Schauspieler Peter Sodann für die Linke. Außerdem schicken die rechtsextremen Parteien NPD und DVU mit dem Liedermacher Frank Rennicke einen eigenen Kandidaten ins Rennen.
Großes Bürgerfest
Berlin steht in diesen Tagen ganz im Zeichen des 60. Geburtstags der Bundesrepublik Deutschland. Am späten Freitagabend wird der Reichstag erstmals in seiner neuen künstlerischen Beleuchtung erstrahlen. Die Illumination des Hamburger Lichtkünstlers Michael Batz soll in Zukunft die historische Bedeutung des Gebäudes unterstreichen.
Die Bundesregierung lädt am Samstag zu einem Bürgerfest rund um das Brandenburger Tor ein. Dort wird am Abend auch der neue Bundespräsident eine Rede halten.(gri/wa/dpa/rtr/epd/kna)