Ein Jahr nach dem Erdbeben
6. April 201041 Glockenschläge in Onna nahe L'Aquila – als am Dienstag (06.04.2010) um 3.32 Uhr in dem kleinen Ort in den italienischen Abruzzen genau 41 Glockenschläge ertönten, so galt jeder Glockenton einem Opfer, das das verheerende Erdbeben vor einem Jahr genau um 3.32 Uhr in dem 300-Seelen-Dorf gefordert hat.
Schweigeminute in der Nacht
Insgesamt läuteten in der italienischen Stadt L'Aquila und in der Umgebung die Glocken für 308 Opfer der Naturkatastrophe. Die zentrale Trauerfeier fand in der Regionalhauptstadt selbst statt. Auf dem Domplatz von L'Aquila versammelten sich rund 25.000 Menschen mit Kerzen und Fackeln zu einer Schweigeminute. Auch die Namen der Toten wurden verlesen.
Das Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala hatte am 6. April 2009 die Gegend in und um die mittelalterlichen Stadt in Mittelitalien zerstört. Rund 67.000 Menschen waren monatelang obdachlos. Auch heute sind noch tausende Menschen in Notunterkünften, Pensionen und Militärkasernen untergebracht.
Gemeindeversammlung mit Pfiffen
Schon am Montagabend hatten sich hunderte Einwohner L'Aquilas zu einer außerordentlichen Gemeindeversammlung in einem großen Zelt zusammengefunden. Dabei wurde der Bürgermeister der Stadt, Massimo Cialente, scharf kritisiert. "Die Stadt ist noch immer wie erstarrt und ausgestorben", sagte eine Einwohnerin.
Cialente selbst rief dazu auf, "nach vorn zu blicken" und bat die Regierung um eine "Solidaritätssteuer", um die Folgen des Erdbebens in den Griff zu bekommen. Die Reden der offiziellen Vertreter der Stadt wurden mehrfach durch Pfiffe unterbrochen. Auch eine Grußbotschaft von Ministerpräsident Silvio Berlusconi wurde mit Protesten quittiert. Beifall erntete dagegen ein Schreiben von Giorgio Napolitano, in dem der Staatspräsident "den beispiellosen Tatendrang und die Großzügigkeit" beim Wiederaufbau der Stadt lobte.
Grundsteinlegung in Onna
In den vergangenen zwölf Monaten sind rund um L'Aquila zahlreiche Neubaugebiete geschaffen worden. Auch für das total zerstörte Dörfchen Onna geht es weiter. Die Onneser leben in neuen Unterkünften. Und nicht nur das. Das Dorf hat Paten, vor allem aus Deutschland, gefunden.
So erinnerte die Deutsche Botschaft an ein bisher ungesühntes Nazi-Kriegsverbrechen und sammelte Geld. Insgesamt sechs Millionen Euro kamen vom Bund, von der Industrie und aus Privatspenden zusammen. Dieses Geld hat nun den Bau eines neuen Gemeindezentrums ermöglicht. Der Deutsche Botschafter Michael Steiner hat den Grundstein dafür gelegt. Am Dienstagmorgen um 4.32 Uhr – zum Zeichen, dass in Onna das Gemeindeleben weitergeht.
Autorin: Marion Linnenbrink (dpa, afp)
Reaktion: Sabine Faber