Sperre gegen Kinderporno
21. November 2008Der Zugriff auf Internet-Seiten mit Kinderpornografie soll ab Sommer 2009 gesetzlich unterbunden werden. Der Vorschlag von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen sei technisch und juristisch machbar, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff am Freitag (21.11.2008) in Berlin. Das Familienministerium betonte, es gehe dabei um eine Ergänzung anderer Maßnahmen zur Eindämmung von Kinderpornografie im Netz.
In einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt“ hatte die Ministerin am Vortag erklärt: "Wir schließen die Datenautobahn der Kinderpornografie. Ich will einen Damm bauen gegen die Flut der Bilder, indem wir den Zugang für die Kunden blockieren.“ Dem Bundeskriminalamt BKA seien 1000 Seiten mit kinderpornografischen Inhalten bekannt.
Zustimmung und Kritik
In ersten Reaktionen gab es viel Zustimmung zur Zielsetzung der Initiative. Vor allem Vertreter der Internetwirtschaft äußerten allerdings Zweifel an der Umsetzbarkeit und Wirksamkeit einer Sperrung. Der Branchenverband eco erklärte, die deutschen Internetprovider seien bereits seit Jahren mit hohem Einsatz an Personal, Technik und Organisation im Kampf gegen die Kinderpornografie engagiert. Bekannt gewordene und zum Beispiel vom BKA identifizierte Internetseiten werden im allgemeinen sofort aus den Trefferlisten von Suchmaschinen wie "Google“ oder "Yahoo“ entfernt.
Dunkelmänner im Netz
Der Zugang zu kinderpornografischem Material spielt sich aber vor allem über Filesharing-Netze oder FTP-Server ab, deren Adressen oder Zugangsdaten nicht allgemein zugänglich sind, sondern in einschlägigen Kreisen konspirativ ausgetauscht werden. Bei der auch jetzt schon eindeutigen Gesetzlage in Deutschland ist es relativ unwahrscheinlich, dass illegales Material in nennenswertem Umfang auf inländischen Webservern allzu lang unbehelligt bereitgestellt werden kann. Computer sind im Internet generell über ihre sogenannte IP-Adresse identifizierbar. Ein Kinderpornografieanbieter im Inland wäre daher notfalls über eine Auskunft des Providers schnell auffindbar, der Rechner würde vom Netz genommen und beschlagnahmt, dem Betreiber drohten empfindliche Strafen.
Grenzen der deutschen Justiz
Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn Anbieter von kinderpornografischem Material oder deren Internetprovider im Ausland sitzen. Ein Problem sei, dass die Verbreitung einschlägiger Fotos oder Filme überhaupt nur in der Hälfte aller Staaten strafbar sei, erläuterte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff im Gespräch mit der Deutschen Welle. In jedem Fall sei der Weg, über ein internationales Amtshilfeersuchen einen Betreiber im Ausland zu belangen, schwierig und langwierig.
Blockade beim Betreiber
Technisch umgesetzt werden soll die Sperre daher über das sogenannte "Access Blocking“ bei deutschen Internet-Providern, also bei den Anbietern, über die deutsche Internetnutzer - und potentielle Kinderpornografie-Konsumenten - auf das Netz zugreifen. Die Provider müssten dazu eine ständig aktualisierte Liste der bekannten Internet-Servern mit illegalem Material erhalten und den Zugang auf diese Adressen für ihre Kunden blockieren. Die notwendige Software werde den Providern auf Wunsch vom Ministerium zur Verfügung gestellt, erklärte Flosdorff. In Ländern wie Großbritannien, Norwegen und Schweden sei dieses "Access Blocking“ bereits gängige Praxis.
Drohen Kollateralschäden?
IT-Experten weisen darauf hin, dass bei Sperrungen von IP-Adressen unter Umständen auch saubere Seiten betroffen sein könnten. Das würde zu Schadensersatzforderungen führen. Außerdem wird argumentiert, Anbieter von Kinderpornografie könnten nach einer Blockade ohne großen Aufwand auf einen andern Server umziehen, und Konsumenten von verbotenem Material könnten die Blockaden mit etwas Sachverstand umgehen.
"Wir sagen nicht, dass wir den Zugriff auf Kinderpornografie zu 100 Prozent unterbinden können, wir wollen es nur dem durchschnittlichen Normalanwender so schwer wie möglich machen“, hält Ministeriumssprecher Flosdorff dagegen.
Telemediengesetz wird 2009 angepasst
Juristisch soll die Sperrung über eine Änderung des Telemediengesetzes umgesetzt werden. Dafür ist in erster Linie das Wirtschaftsministerium zuständig. Derzeit werden Gutachten zur Umsetzung des Vorschlags geprüft, wie das Familienministerium mitteilte. Die Umsetzung werde bis zum Sommer nächsten Jahres erfolgen. Sprecher des Justiz-, Wirtschafts- und Innenministeriums erklärten, das Vorhaben werde aus ihren Ressorts unterstützt.