Chef-Treffen statt Ausschuss-Sitzung
17. Februar 2014Diese Änderung teilte CSU-Chef Horst Seehofer in München mit, auch SPD-Kreise bestätigten das. Demnach wird die Zusammenkunft am Abend stattfinden. Zudem wird bei einer für den Nachmittag angesetzten Pressekonferenz in der SPD-Zentrale nicht wie geplant Generalsekretärin Yasmin Fahimi, sondern SPD-Chef Sigmar Gabriel selbst auftreten, um sich den Fragen zu stellen.
Besonders in der CSU werden Konsequenzen auch bei der SPD gefordert, ins Visier ist besonders SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann geraten. Er hatte mit seiner Erklärung, wer wann etwas von möglichen Ermittlungen gegen den langjährigen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy erfahren hatte, die jüngsten Verwerfungen ausgelöst. Er hätte als Fraktionschef auch am Koalitionsausschuss teilgenommen.
"Ein kleines Schneeballsystem"
Seehofer machte auf Nachfrage deutlich, dass er die Koalition an sich nicht in Gefahr sehe. Der CSU-Chef betonte aber, bisher hätten die Sozialdemokraten viele offene Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet. Es gehe darum, wer in der SPD wann über den Fall Edathy Bescheid gewusst habe, wer was an wen weitergegeben und was der Anruf des damaligen SPD-Fraktionsgeschäftsführers Oppermann beim Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, zu bedeuten habe. Es sei schon "ein kleines Schneeballsystem, das da stattgefunden hat", sagte Seehofer.
Rücktrittsforderungen an die Adresse Oppermanns oder anderer SPD-Politiker vermied er. Er verwies zum einen auf die Runde der drei Parteivorsitzenden - neben ihm selbst die CDU-Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, und der SPD-Vorsitzende Gabriel - zum anderen müsse die SPD in den Gremien des Bundestages für Aufklärung sorgen.
"Oppermann hatte öffentlich gemacht, dass der damalige Innenminister Friedrich SPD-Chef Gabriel im Oktober erzählt hatte, dass Edathys Name im Rahmen von Ermittlungen aufgetaucht sei - der damalige Innenminister Friedrich hatte auf Gabriels Vertraulichkeit vertraut. Gabriel aber weihte noch den damaligen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Oppermann ein. Ziel war es, zu verhindern, dass der profilierte Innenpolitiker Edathy in der großen Koalition einen wichtigen Posten bekommt.
Inzwischen ist klar, dass es in dem Fall um Ermittlungen wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie geht - fraglich ist, ob strafbare Handlungen vorliegen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) warf Oppermann vor, vertrauliche Absprachen zum Fall Edathy öffentlich gemacht zu haben. "Da ist von Oppermann Vertrauen in der Koalition niedergetrampelt worden. Das kann nicht ohne Aufarbeitung bleiben", sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung.
Merkel: Koalition nicht gefährdet
Kanzlerin Merkel sieht die Arbeitsfähigkeit der Koalition durch den Fall Edathy gleichwohl nicht beeinträchtigt. Merkel habe "das Vertrauen, dass diese Regierung in der Lage sein wird, sich den großen Themen anzunehmen im Interesse der Bürger", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Außerdem habe Merkel "volles Vertrauen" in Gabriel. Seibert machte aber auch deutlich, dass Merkel bei den Vorgängen um Edathy noch Klärungsbedarf sehe. Hier müsse ein jeder sehen, was er zur Aufklärung beitragen könne.
Mögliche Ermittlungen gegen BKA-Chef Ziercke
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden prüft unterdessen Ermittlungen gegen BKA-Chef Ziercke wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses. Oberstaatsanwalt Hartmut Frese sagte, es sei eine Anzeige gegen Ziercke eingegangen. Wie lange die Prüfung dauern werde, könne er nicht sagen. Die Anzeige sei bereits vergangene Woche per Mail eingetroffen und stamme nicht aus der Politik. Zuvor habe seine Behörde keinen Grund für eine entsprechende Vorprüfung gesehen.
Hintergrund ist das Telefonat, das Ziercke im Oktober mit Oppermann geführt hatte. Der heutige SPD-Fraktionschef wollte dabei nach eigenen Angaben Informationen über den Kinderpornografie-Verdacht gegen den Innenpolitiker Sebastian Edathy einholen. Dabei habe ihm Ziercke den Verdacht bestätigt, hatte Oppermann vergangene Woche erklärt. Dies wurde vom BKA-Chef allerdings dementiert. Am Wochenende ruderte Oppermann zurück und sagte, Ziercke habe ihm in dem Gespräch keine Einzelheiten genannt. Weil der BKA-Chef die Informationen vom damaligen Innenminister zu Edathy nicht kommentiert habe, habe er den Eindruck gehabt, "dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist".
sti/wl (dpa, rtr)