Europa rüstet sich
1. August 2014"In den drei Ländern, in denen Ärzte ohne Grenzen gegen die Epidemie kämpft, muss man leider davon sprechen, dass Ebola außer Kontrolle ist", berichtet Maximilian Gertler, Internist und Mitglied einer Forschergruppe des Robert-Koch-Instituts. Dort untersucht er die Ausbreitung von Krankheitserregern. Er ist zurück aus Guinea, wo sich das tödliche Ebola-Virus rasant ausbreitet. "Prävention ist bei einer Epidemie ganz entscheidend", meint Gertler, und die sei bei vielen betroffenen afrikanischen Regionen kaum möglich. Doch wie groß ist die Gefahr, dass das Virus nach Europa kommt und hier auch so verheerende Ausmaße annimmt?
Ein Ebola-Fall in Spanien: negativ. Ein anderer Ebola-Verdacht in London und Birmingham: auch ohne Befund. Bei den Betroffenen handelte es sich um Reisende, die in den Ländern waren, in denen das höchst gefährliche Ebola-Virus ausgebrochen ist. Doch in Großbritannien wächst die Sorge trotz nicht bestätigter Verdachtsfälle. Die britischen Behörden bemängeln fehlende Aufklärung und mangelnde Anweisungen für das Sicherheitspersonals an den britischen Grenzen. Lucy Moreton, verantwortlich für den Grenzschutz, sieht ihr Personal nicht in der Lage, richtig reagieren zu können, sollte ein Ebola-Erkrankter in Großbritannien ankommen. Viele Grenzschützer seien besorgt und würden fragen, wie sie mit einem Ebola-Fall umgehen sollten und vor allem, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen können, sagt Moreton. "Es gibt keine Gesundheitseinrichtungen an den Grenzen und auch keine Sicherheitseinrichtungen", bemängelt Moreton.
Ebola-Krisensitzung
Die britische Regierung hatte den Krisenstab Cobra einberufen, um über den Umgang mit möglichen Ebola-Erkrankungen zu diskutieren. Großbritanniens Außenminister Philip Hammond hat Ebola als eine ernstzunehmende Bedrohung bezeichnet und teilt die Sorge, dass eine an Ebola erkrankte Person in das Königreich reisen könnte. Aber das Land habe die Kompetenz und die Ressourcen, mit dem tödlichen Virus umgehen zu können, versichert er.
"Wir sehen unser Potenzial, aber wir sind auch sehr zufrieden, dass wir sehr gute und erfahrene Experten im Gesundheitsministerium haben, die jede Gefahr eindämmen können, wenn jemand in Großbritannien eintrifft", ist auch Gesundheitsminister Jeremy Hunt überzeugt. Zuständige Behörden würden anfangen, sowohl Grenzbeamte als auch das Flughafenpersonal zu schulen, wie sie die Symptome von Ebola erkennen können.
Die Alarmbereitschaft europäischer Staaten wächst. Zu schnell ist die Ausbreitung in West-Afrika. Und nicht alle Grenzen lassen sich gut überwachen.
In Italien herrscht Alarmbereitschaft
An Italiens Küsten landen täglich hunderte Flüchtlinge aus Afrika. Darunter viele Menschen aus Sierra Leone. Dass sie das Virus nach Italien und damit nach Europa bringen, schließen die italienischen Behörden aus. Zwar sei die Gefahr gegeben, aber die etwa dreiwöchige Inkubationszeit von Ebola dauert so lange, dass die irregulären Migranten, die das Virus in sich tragen, die Symptome schon während der riskanten Überfahrt über das Mittelmeer zeigten, glaubt man im italienischen Gesundheitsministerium. Auch würde immer die Gesundheit aller Personen, die in Italien ankommen, durch die Experten der Operation Mare Nostrum oder von geschulten Mitarbeitern an Land untersucht.
"Das Risiko einer Einschleppung des Virus nach Europa ist gering", sagte die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine der Zeitung "Le Parisien". Es sei äußerste Wachsamkeit angesichts dieser sehr schweren und zugleich sehr ansteckenden Krankheit geboten", heißt es in Paris. In Frankreich laufen die Vorbereitungen, falls ein möglicher Ebola-Fall auftreten sollte. Darüber hinaus geben die Behörden Empfehlungen für Reisende in die betroffenen Regionen heraus. Auch das Klinikpersonal ist alarmiert und vorbereitet worden, damit man die Symptome eines zurückkommenden Touristen richtig erkennt und reagieren kann. Die Gesundheitsministerin ist davon überzeugt, dass in Frankreich alle Möglichkeiten bestehen, einen Ebola-Krankheitsfall behandeln zu können.
Hilfeleistende sind geringem Risiko ausgesetzt
Auch der belgische Professor Peter Piot, der das Ebola-Virus 1976 mit entdeckt hat und Direktor der Londoner Hochschule für Hygiene und tropische Medizin ist, hält das Risiko für sehr gering. Selbst wenn jemand, der das Ebola-Virus in sich trägt, nach Europa, in die USA oder andere Teile Afrikas reise, glaube er nicht, "dass eine große Epidemie ausbricht", sagte er der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Ich bin nicht beunruhigt, dass sich das Virus hier in unserer Gesellschaft ausbreiten kann. Für eine Übertragung ist sehr enger Kontakt notwendig."
Dass Maximilian Gertler oder andere internationale Hilfeleistende, die aus den Ebola-Krisenregionen zurückkommen, Ebola nach Europa bringen, schließt er aus. "Als Epidemiologe war ich in der luxuriösen Situation, dass ich nicht mit tatsächlich Kranken in Kontakt war. Und Kontakt heißt, mit den dicken Plastikschichten unserer Schutzanzüge", sagt Gertler. In den vergangenen Jahren hat sich noch kein Mitarbeiter von uns angesteckt und auch keine Erkrankung irgendwo eingeschleppt."