Bald 4,5 Millionen
31. März 2009Im Abwärtssog der Rezession droht Deutschland eine tiefgreifende Jobkrise, fürchten Volkswirte und Konjunkturforscher. Sie malen schwarz: Die düstersten Szenarien sehen die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um sechs bis sieben Prozent schrumpfen.
Das hätte auf dem Arbeitsmarkt heftige Folgen. Noch in diesem Jahr würde dann die psychologisch wichtige Marke von vier Millionen Arbeitslosen durchbrochen. Im kommenden Jahr könnte es noch dicker kommen. Mit 4,5 Millionen Menschen ohne Arbeit rechnen Forscher der führenden deutschen Wirtschaftsinstitute. Die Arbeitslosen-Quote würde dann bei 10,7 Prozent liegen - im vergangenen Jahr lag sie noch bei 7,5 Prozent. Der dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit wird dann ein klaffendes Loch erst in die Kasse der Bundesagentur für Arbeit und dann in den Bundeshaushalt reißen, prophezeien Finanzexperten.
Schlechte Nachrichten aus allen EU-Ländern
Hiobsbotschaften kommen auch aus anderen EU-Ländern: In Großbritannien ist die Arbeitslosigkeit mit 6,5 Prozent auf den höchsten Stand seit zwölf Jahren gestiegen. In Frankreich stieg sie massiv um fast ein Fünftel auf eine Quote von knapp 8 Prozent.
Europaweit könnte die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr 2010 auf 12 Prozent klettern, erwarten Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes. Sie fordern dagegen, die EU solle die Geldmenge erhöhen, damit würde die Massenkaufkraft gestärkt.
Nicht einig sind sich Volkswirte deutscher Banken und Arbeitgeberverbände über die Dauer der Wirtschafts- und Finanzkrise - und damit über die Folgen für den Arbeitsmarkt. Dieter Hundt, Chef des Deutschen Arbeitgeberverbandes, sieht den Tiefpunkt erreicht und erwartet einen Aufschwung schon im Herbst. Andere erwarten, dass die Krise noch im kommenden Jahr - und möglicherweise darüber hinaus - andauert.
Der Arbeitsmarkt reagiert verzögert
Die Zahl der Arbeitslosen läuft der Konjunktur mit Verzögerung hinterher. Erst etwa ein Jahr nach Bewegungen der wirtschaftlichen Lage zieht der Arbeitsmarkt nach. Deshalb steigen die Zahlen der Menschen ohne Arbeit in Deutschland auch erst in diesem Frühjahr an, obwohl die Krise schon im vergangenen Jahr begonnen hat.
Das hat auch damit zu tun, dass heute noch viele Menschen in Kurzarbeit stehen. Das heißt, sie arbeiten kürzer als sonst in ihren Betrieben, verdienen weniger aber gelten nicht als arbeitslos. Das aber wird sich ändern, wenn die Konjunktur nicht bald wieder anzieht. Denn dann könnte in vielen Betrieben das Geld sogar für die Beschäftigung ihrer Mitarbeiter in Kurzarbeit knapp werden.
Selbst wenn die Konjunktur im Herbst oder im kommenden Jahr weltweit wieder anspringen sollte, wird es Monate dauern, bis diese Entwicklung auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen ist.
Derweil hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bürger auf harte Zeiten eingestimmt: Die aktuelle Krise bedeute für die Menschen in Deutschland den härtesten Einschnitt seit mehr als 50 Jahren. (be/dpa, AP, Reuters)