Dürre: EU-Bauern fordern staatliche Hilfe
1. August 2018Europa stöhnt unter der brütenden Sommerhitze, an vielen Orten erreichten die Temperaturen in den vergangenen Wochen neue Rekordhöhen. Doch die Hitze ist nicht das einzige Problem. Weil es in den vergangenen Monaten kaum geregnet hat, kämpfen viele Regionen in Nordeuropa mit den Folgen einer anhaltenden Dürre. Das sonst saftige Grün der Felder und Freiflächen ist jetzt ein trockenes Gelb-Braun. Und in Schweden und Griechenland, aber auch im Nordosten Deutschlands gab es Waldbrände.
In einer Reihe von EU-Ländern haben Hitze und Dürre auch die Ernten geschädigt und den Landwirten einen schweren Schlag versetzt. Vertrocknete Maiskolben und verdorrtes Gras könnten zudem zu einem Mangel an Futtermitteln führen. Eine Abkühlung oder gar ergiebiger Niederschlag ist in den nächsten Tagen nicht in Sicht.
In Deutschland war der letzte Tag im Juli der bisher heißeste des Jahres, mit Temperaturen von bis zu 39 Grad. In Spanien und Portugal werden ab Mittwoch sogar bis zu 45 Grad erwartet. Die Hitzewelle soll bis mindestens Sonntag andauern, Vorbereitungen für Notfälle sind getroffen.
Ausnahmeregelung der EU
Einige EU-Länder haben bereits die Europäische Kommission in Brüssel um Hilfe gebeten. "Die Kommission verfolgt aufmerksam die Situation wegen der lang anhaltenden Dürre in mehreren EU-Ländern und auch die zunehmend schwierige Lage, in der sich die europäischen Landwirte befinden", sagte eine Sprecherin am Dienstag.
Deshalb habe die Kommission einigen Mitgliedsstaaten eine "befristete Ausnahme" von bestimmten Regeln erlaubt, etwa der EU-Umweltvorschrift zur Förderung der biologischen Vielfalt, so die Sprecherin weiter. Die Vorschrift verpflichtet Landwirte normalerweise, einen Teil ihrer Flächen brachliegen zu lassen. Durch die Ausnahmeregelung könnten diese Flächen nun als "potenzielle Futterquelle für Tiere" genutzt werden. Ob das allerdings ausreicht, ist unklar.
Milliarden-Forderung in Deutschland
Unterstützung erwarten die Landwirte auch von ihren nationalen Regierungen. Der deutsche Bauernverband (DBV) fordert Soforthilfen von einer Milliarde Euro, um Ernteausfälle zwischen 20 und 30 Prozent auszugleichen. "Deshalb muss der nationale Notstand ausgerufen werden, damit finanzielle Hilfen zügig bereitgestellt werden können", forderte Bauernpräsident Joachim Ruckwied.
Die Bundesregierung aber zögert. Über Hilfen könne erst entschieden werden, wenn Ende August der Erntebilanz vorliegt, sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. "Dann haben wir einen echten Überblick über die Situation in Deutschland."
Hilfspaket in Schweden
Schweden, dessen Bauern unter ähnlichen Problemen leiden, hat dagegen bereits Maßnahmen ergriffen. Es werden umgerechnet 116 Millionen Euro (1,2 Milliarden Kronen) bereitgestellt, um den von der Dürre betroffenen Landwirten zu helfen, gab die schwedische Regierung am Montag bekannt.
"Das ist ein nationales Krisenpaket für die schwedischen Landwirte", sagte Finanzministerin Magdalena Andersson der Nachrichtenagentur Reuters. "Die ausgedehnte Dürre führt zu einem Mangel an Grobfutter für die Tiere. Und das lässt uns um die schwedische Lebensmittelversorgung fürchten."
Paul Borgstrom, Vorsitzender des schwedischen Bauernverbandes, begrüßte das Krisenpaket, beklagte aber, die Hilfe dauere zu lange. "Jede Krone ist in dieser Situation wertvoll, sie hilft der Liquidität. Aber wir hoffen, dass das Geld noch schneller bei den Betrieben ankommt", sagte er der schwedischen Nachrichtenagentur TT.
Ausnahmezustände im Baltikum
Auch andere nordeuropäische Länder leiden unter extremer Hitze und Dürre. Die dänische Regierung denkt laut Medienberichten noch über Wege nach, wie sie den Bauern helfen kann.
Litauen hat sogar den Ausnahmezustand ausgerufen. Wegen der Dürre könnten seien in diesem Sommer zwischen 15 und 50 Prozent der Ernte gefährdet, schätzt die Regierung in der Hauptstadt Vilnius.
Lettland hat bereits im Juni den nationalen Katastrophenzustand für den Agrarsektor des Landes erklärt. Dadurch können Banken keine Zwangsvollstreckung erwirken, wenn landwirtschaftliche Betrieben mit der Zahlung von Kreditraten in Rückstand geraten. Die Bauern erhalten zudem größeren Spielraum, um Projektanträge für EU-Mittel abzuschließen.
Da Hitze und Dürre in vielen Teilen Europas voraussichtlich anhalten werden, könnten sich die Forderungen der Bauern nach staatlicher Unterstützung in den kommenden Tagen noch verstärken.