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PolitikEuropa

DW-Korrespondent in Belarus freigelassen

Irina Filatova sti
16. August 2020

Alexander Burakow war am 5. August mit fadenscheiniger Begründung festgenommen worden - für ihn einzig eine Aktion der autoritären Führung von Belarus, die Berichterstattung eines unabhängigen Journalisten zu verhindern.

https://p.dw.com/p/3h261
Alexander Burakov (Foto: Privat)
Bild: Privat

Alexander Burakow über seine Verhaftung

In Belarus ist der freiberufliche Journalist Alexander Burakow, der für die russische Redaktion der Deutschen Welle berichtet, am späten Samstagabend nach zehn Tagen Haft entlassen worden. In einem Gespräch mit der DW kurz nach seiner Freilassung sagte Burakow, es gehe ihm gut. Er habe allerdings keine Ahnung, was seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko am vergangenen Sonntag im Land vor sich gegangen sei. Er habe im Gefängnis keinen Zugang zu irgendwelchen Informationen gehabt. "Das Radio in meiner Zelle war ausgeschaltet, so dass ich mich in einem totalen Informationsvakuum befand. Ich habe nur gehört, dass während der Proteste Menschen gestorben seien. Ich bin schockiert", sagte Burakow.

Mit massivem Polizeiaufgebot geht die Führung von Belarus schon am Wahlabend gegen Demonstranten vor (Foto: Reuters/T. Brushko)
Mit massivem Polizeiaufgebot geht die Führung von Belarus schon am Wahlabend gegen Demonstranten vorBild: Reuters/T. Brushko

Er könne sich nicht darüber beschweren, wie die Polizeibeamten ihn in der Haft behandelt hätten, sagte der Korrespondent weiter . Er bezeichnete seine Verhaftung jedoch als "Farce" und betonte, sie sei Teil der Bemühungen der belarussischen Behörden gewesen, unabhängige Journalisten an der Berichterstattung über die Wahlen zu hindern.

Illegaler Alkohol, gestohlenes Auto

Burakow war erstmals am 5. August in seiner Heimatstadt Mogiljow - rund 200 Kilometer östlich der Hauptstadt Minsk gelegen - festgenommen worden. Die Polizei verdächtigte ihn, "gefälschte Alkoholika transportiert zu haben", sagte er gegenüber der DW. Nachdem die Beamten in seinem Auto nichts Illegales gefunden hätten, hätten sie behauptet, dass der Wagen - seit 2013 in seinem Besitz - gestohlen sei. Er habe eine gefälschte Fahrgestellnummer. Daraufhin wurde Burakow zur örtlichen Polizeiwache gebracht.

Wenige Stunden später wurde der DW-Reporter freigelassen, aber sofort wieder festgenommen. Seiner Schilderung nach wurde ihm vorgeworfen, vor der Polizeiwache eine Frau geschubst und verflucht zu haben. So habe es die Frau den Beamten jedenfalls erzählt. Der Journalist beteuert, er habe nur bemerkt, dass sich ihm eine unbekannte Frau genähert hätte: "Ich habe ihr Gesicht nicht einmal gesehen und wusste nicht, was vor sich ging." Er sei zurück zum Revier und zwei Tage später - am 7. August - dann wegen "Rowdytums" in eine Haftanstalt gebracht worden. 

Deutsche Welle: "Willkürliches staatliches Vorgehen"

DW-Intendant Peter Limbourg hatte gegen das Urteil protestiert und erklärt, die von den Behörden angegebenen Gründe für die Verhaftung und Verurteilung Burakows könnten nur als fadenscheiniger Vorwand interpretiert werden, um kritischen und unabhängigen Journalismus wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Belarus zu behindern. "Im Namen der Deutschen Welle protestiere ich entschieden und auf das Schärfste gegen dieses offensichtlich willkürliche staatliche Vorgehen. Es missachtet in eklatanter Weise die international garantierte Pressefreiheit", sagte Limbourg in einer Erklärung vom 7. August und forderte die Regierung in Belarus auf, diesen Fall unverzüglich zu untersuchen.

Der Intendant der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg (Foto: DW/V. Drebusch)
Der Intendant der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg Bild: DW/V. Drebusch

Burakow war bereits zuvor - am 8. Mai - erstmals wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration festgenommen worden. Er gibt an, sich damals nicht an dem Protest beteiligt zu haben, er sei vielmehr als Journalist und Menschenrechtsaktivist vor Ort gewesen.

Sanktionen gefordert - und beschlossen

Die Organisation Reporter ohne Grenzen erklärte, sie sei "höchst beunruhigt über die zahlreichen Verhaftungen von Journalisten in Belarus nach den Präsidentschaftswahlen". Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation wurden Journalisten in Belarus willkürlich festgenommen,verprügelt und für längere Zeit inhaftiert. "Ein solcher Angriff auf die freie Presse, insbesondere in einem europäischen Land, ist absolut inakzeptabel", sagte Michael Rediske, der Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen. "Wenn die Angriffe nicht sofort aufhören, sollte die Europäische Union über weitere Maßnahmen nachdenken und zum Beispiel Sanktionen gegen die politisch Verantwortlichen in Belarus verhängen", so Rediske.

Die Außenminister der EU-Länder einigten sich am Freitag darauf, neue Sanktionen gegen belarussische Funktionäre zu verhängen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten und Journalisten verantwortlich sind.