1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Dutroux und die Akte "bis"

Fabian Hainzl9. Januar 2008

In Belgien hat das Böse ein Gesicht und einen Namen: Marc Dutroux. Er hat Kinder entführt, misshandelt und ermordet und eine ganze Gesellschaft in eine kollektive Psychose gestürzt. Jetzt wird der Fall wieder aufgerollt.

https://p.dw.com/p/Cn6m
Bild: DW

Über zehn Jahre liegt die Festnahme von Marc Dutroux zurück. Jetzt wird die Akte "bis" geöffnet, eine Sammlung bislang unausgewerteter Spuren. "Dutroux" ist hier in Belgien weit mehr als ein Kriminalfall, er ist ein Gradmesser für den Vertrauensverlust in den Staat, die Gesellschaft, ja die Menschen überhaupt. Belgiens Medien fragten nach dem lebenslangen Urteil gegen Dutroux 2004: "Sind sie mit dem Urteil zufrieden?" Eine Nation oberster Richter?

Einzeltäter oder Verschwörung?

Über 400.000 Seiten Untersuchungsmaterial hatte das Gericht ausgewertet und war zu dem Ergebnis gekommen: Dutroux war ein extrem kranker Einzeltäter, mit einigen ebenso gestörten Komplizen. Dennoch glauben nach wie vor viele Belgier nicht an diese Wahrheit, sondern an ein Komplott, eine Verschwörung, ein teuflisches Perversennetzwerk.

Zu groß ist das Misstrauen gegenüber einem Staat, der bei der Ermittlung im Fall Dutroux hoffnungslos versagt hat. Die Akte "bis", die im Wesentlichen 6000 Haarproben und DNS-Spuren aus dem Dutroux-Keller umfasst, bietet die Projektionsfläche für sämtliche Ungereimtheiten des Falles. Warum wurde der massiv vorbestrafte Dutroux einst auf Befehl des Justizministers entlassen? Warum hat die Polizei so schlampig ermittelt? Wie erklären sich die dubiosen Todesfälle von Zeugen? Warum wurde der eine Netzwerktheorie vertretende Ermittlungsrichter entlassen? Wie konnte sich ein Sozialhilfeempfänger mehrere Häuser leisten und eine komplexe Infrastruktur unterhalten?

Neues Licht auf Fall Dutroux

Die Antwort all derer, die jedes Vertrauen verloren haben heißt freilich: Weil auch in den "besten Kreisen" aus Politik und Wirtschaft dankbare Abnehmer der abartigen Produkte von Kinderschänder-Netzen sitzen. Auch wenn es hierfür keinerlei Beweise gibt; die jüngsten Fahndungserfolge in Deutschland, wo jetzt im größten Kinderporno-Verfahren des Landes gegen 12.000 Verdächtige ermittelt wird, werfen ein neues Licht auch auf den belgischen Fall Dutroux. Der fürchterliche Verdacht immer wieder nur die Spitze eines Eisberges zu sehen, sollte Anhänger der einen wie der anderen Theorie vereinen, im Kampf gegen die Dutrouxs dieser Welt. Unsere Kinder vertrauen uns.