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Gesellschaft

Durchsuchung nach Messerattacke in Hamburg

28. Juli 2017

Mit einem Küchenmesser hat ein Mann in einem Hamburger Supermarkt einen Menschen getötet und fünf weitere verletzt. Der Täter ist ein arabischer Islamist. Die Polizei durchsuchte eine Flüchtlingsunterkunft.

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Polizeiauto vor Wohncontainern einer Flüchtlingsunterkunft
Bild: picture-alliance/dpa/B. Marks

Nach Angaben der Hamburger Polizei wurde ein 26-jähriger Tatverdächtiger festgenommen, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde. Sein Motiv sei unbekannt, sagte eine Sprecherin. Ob die Tat einen terroristischen Hintergrund habe, sei bisher unklar. Man ermittele in alle Richtungen. Der Staatsschutz sei eingeschaltet. Ein Raubmotiv werde ausgeschlossen.

Die Polizei durchsuchte inzwischen eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Langenhorn. Ob dabei etwas gefunden worden sei, könne man noch nicht bekanntgeben, hieß es am Samstagmorgen.

Ausreisepflichtiger Ausländer?

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz teilte mit, bei dem Täter handele es sich "offensichtlich um einen Ausländer, der ausreisepflichtig war". Er habe aber nicht abgeschoben werden können, weil er keine Papiere hatte. "Zusätzlich wütend macht mich, dass es sich bei dem Täter offenbar um jemanden handelt, der Schutz bei uns in Deutschland beansprucht und dann seinen Hass gegen uns gerichtet hat." Der SPD-Politiker sprach von einem "bösartigen Anschlag". Den Opfern und Angehörigen drückte er sein Mitgefühl aus.

Scholz: Messerstecher sollte abgeschoben werden

Nach Angaben von Innensenator Andy Grote handelt es sich bei dem Täter um einen Asylbewerber. "Der erbärmliche Anschlag trifft uns umso schmerzhafter, als der mutmaßliche Täter, der aus dem arabischen Raum stammt, als Schutzsuchender in unsere Stadt gekommen ist", erklärte Grote. "Wir stehen erschüttert und entsetzt vor der Bluttat des gestrigen Tages", so der Innensenator auf einer Pressekonferenz am Mittag. "Es hätte jeden von uns genauso treffen können." Es gebe Hinweise auf religiöse Beweggründe, es sei aber noch nicht klar, welches das Motiv gewesen sei. Grote sprach von mit Blick auf psychische Probleme von einer "Gemengelage". Er sei aber als Islamist geführt worden. Die Behörden gingen derzeit von einem psychisch labilen Einzeltäter aus. 

Scholz nahm die Messerattacke zum Anlass für eine politische Forderung: Der Fall zeige "umso dringlicher, dass diese rechtlichen und praktischen Hindernisse bei der Abschiebung beiseite geräumt werden müssen", erklärte der SPD-Politiker. "Diese Gewalttäter setzen darauf, unsere freie Gesellschaft mit Angst zu vergiften. Dieser Versuch wird scheitern."

Polizeibeamte in Schutzanzügen vor Supermarkt in Hamburg
Polizeibeamte in Schutzanzügen vor dem Supermarkt, in dem sich der Angriff ereigneteBild: picture-alliance/dpa/M. Scholz

Täter als Islamist bekannt? 

Unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete die Berliner Zeitung "Tagesspiegel", der Verdächtige sei den deutschen Behörden als Islamist bekannt. Er sei als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gehen die Sicherheitsbehörden auch Hinweisen auf salafistische Bezüge nach.

Der Angreifer war am Freitagnachmittag in einer belebten Einkaufsstraße im Stadtteil Barmbek in das Geschäft gekommen und hatte mit einem größeren Küchenmesser auf Kunden eingestochen. Anschließend flüchtete er, wurde aber von Passanten verfolgt und schließlich überwältigt. Seine Staatsangehörigkeit müsse aber noch geklärt werden. Hinweise auf einen zweiten Täter gab es laut Polizei zunächst nicht.

Mehrere Schwerverletzte

Ein 50-jähriger Mann starb bei der Messerattacke. Zudem wurden eine 50-jährige Frau und vier Männer im Alter zwischen 19 und 64 Jahren durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt. Ein 35-Jähriger mit türkischer Staatsbürgerschaft erlitt bei der Überwältigung des Messerstechers Verletzungen.

Augenzeugen berichteten, der Täter habe auf seiner Flucht mehrfach "Allahu Akbar" gerufen. Dieser arabische Ausspruch bedeutet "Gott ist groß". Eine Augenzeugin sagte dem Fernsehsender n-tv, der Täter habe nach der Attacke in dem Geschäft "völlig überdreht" gewirkt. Er habe beim Hinausgehen die Arme hochgereckt und "Allahu Akbar" gerufen. Eine Polizeisprecherin wollte einen solchen Ausruf zunächst nicht bestätigen. Ein weiterer Zeuge erklärte, insgesamt habe das Verhalten des Mannes "sehr hektisch" und unkoordiniert gewirkt. Eine andere Frau sagte n-tv, bei der Flucht habe er auf ein Auto eingestochen. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Terroranschläge islamistischer Extremisten, bei denen die Täter "Allahu Akbar" riefen.

Größeres Küchenmesser als Tatwaffe

Passanten konnten den flüchtenden Täter überwältigen. Hinzueilende Polizisten nahmen den Verdächtigen fest. Laut Polizeisprecherin war der Mann mit einem größeren handelsüblichen Küchenmesser bewaffnet. Hinweise auf einen etwaigen zweiten Täter gibt es nicht. Die Polizei richtete eine Sonderkommission ein.

Kurz nach der Tat sicherten schwerbewaffnete Polizisten den Tatort. Rettungskräfte rückten mit einem Großaufgebot an. Es gab zeitweise Straßensperrungen. Am frühen Abend waren die meisten Einsatzkräfte wieder abgerückt. Beamte der Spurensicherung untersuchten in weißen Schutzanzügen den Tatort. Außerdem bat die Polizei die Bevölkerung auf Twitter um Mithilfe und um die Zusendung von Videos und Handy-Aufnahmen vom Tatgeschehen.

kle/mak/gri (dpa, afp, ape)