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Drastischer Energiemangel in Tadschikistan

10. Januar 2008

Jeden Winter steigt in Tadschikistan das Stromdefizit. Aber nun haben Usbekistan und Turkmenistan auch noch ihre Stromlieferungen reduziert. Viele Menschen, vor allem auf dem Lande, frieren. Experten fordern Lösungen.

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Viele Menschen sitzen im DunkelnBild: AP

In Tadschikistan herrscht strenger Winter. Der dadurch entstehende Strombedarf ist nicht gedeckt, auch weil wegen erhöhten Eigenbedarfs die Nachbarn Usbekistan und Turkmenistan ihre Lieferungen an Tadschikistan gekürzt haben. Wie die Deutsche Welle beim tadschikischen Energieversorger Barki totschik erfuhr, ist Tadschikistan die "Endstation" in einer Kette von mehreren Ländern, die durch ein regionales System mit Energie beliefert werden. Im Winter komme daher auch durch den steigenden Verbrauch in den Nachbarländern in Tadschikistan weniger Strom an.

Flächendeckende Stromabschaltungen

Wegen des zunehmenden Stromdefizits besteht in Tadschikistan ein Zeitplan, nach dem in ganzen Bezirken des Landes nachts der Strom abgeschaltet wird. Auf dem Lande klagen die Menschen darüber, dass das versprochene Soll von täglich fünf Stunden Stromversorgung nicht eingehalten wird und nur an zwei bis drei Stunden am Tag Strom durch die Leitungen fließt. "In manchen Gegenden weiß man gar nicht mehr, was überhaupt Strom ist. Alle haben sich bereits daran gewöhnt, dass wir jeden Winter ohne Strom sind und dass wir für ausreichend Brennholz sorgen und Öfen aufstellen müssen. So leben wir! Es ist so kalt wie in der Arktis", sagte eine Bürgerin aus dem tadschikischen Bezirk Wose der Deutschen Welle. Ein Bewohner des Bezirks Wachdart, nahe Duschanbe, beklagt: "Mal gibt es Strom, mal nicht, manchmal sagt man, dass es irgendwo eine Störung gibt. Die meiste Zeit sitzen wir im Dunkeln. Es ist kalt, nicht einmal fernsehen können wir."

Trotz der Stromabschaltungen in ganzen Stadtteilen und der häufigen Störungen wissen die Bürger Duschanbes, dass es ihnen noch besser geht, als den Menschen auf dem Lande. "Es herrscht strenger Frost und der Strom wird immer wieder in allen Stadtteilen abgeschaltet. Aber in den Dörfern gibt es gar keinen Strom mehr. Dort werden alle Bäume gefällt, was gewaltige Umweltschäden verursacht. Wer Schlafsäcke hat, schläft darin und wickelt sich noch in Decken ein", berichtete eine Bürgerin aus Duschanbe.

Schmerzvolle Tariferhöhungen

Unterdessen wurden in Tadschikistan zum Januar 2008 auch noch die Strompreise erhöht. Beim Energieversorger Barki totschik heißt es, die Preiserhöhung sei notwendig, um Kredite zurückzuzahlen, die der Staat für den Ausbau und die Sanierung der Energienetze aufgenommen habe. Außerdem würden internationale Finanz- und Kreditinstitute, so auch die Weltbank und der IWF, Tadschikistan empfehlen, bis zum Jahr 2010 schrittweise den Preis pro Kilowatt auf 2,5 Cent anzuheben, weil das Energiewesen mit den derzeitigen Tarifen unrentabel sei.

"Um den Sektor rentabler zu machen, müssen die Tarife nach und nach angehoben werden. Das wird für die Bevölkerung schmerzvoll sein, aber auch der Preis von 2,5 Cent pro Kilowatt deckt die Kosten nicht, die für den Bau neuer Wasserkraftwerke und die Sanierung bestehender benötigt werden", erläuterte Sadyk Chaitow, der bei der Vertretung der Weltbank in Tadschikistan Projekte im Bereich Energieinfrastruktur koordiniert. Obwohl die Stromtarife in Tadschikistan jedes Jahr angehoben werden, sind sie immer noch die niedrigsten in der Region, sogar innerhalb der gesamten GUS. So kostet im benachbarten Usbekistan das Kilowatt drei Cent und in Kasachstan sogar fast acht Cent.

Alternative Energiequellen

Die Tatsache, dass die Strompreise schneller steigen als die Einkommen der Menschen, führt laut Professor Chodschimachmad Umarow vom tadschikischen Institut für Wirtschaftsforschung zu steigender Armut. Umarow verurteilt die Haltung der Weltbank und des IWF, die auf einer Anhebung der Stromtarife auf Weltmarkt-Niveau bestehen. "Das ist schädlich und unmenschlich, weil die Erhöhung der Energiepreise ohne ein Wachstum der Löhne zu einem Absinken des Lebensstandards der Menschen führt. Den Menschen wird es schlechter und schlechter gehen", unterstrich der Experte.

Umarow zufolge muss die tadschikische Regierung den Energiesektor mit der Entwicklung alternativer Energieressourcen aus der Krise führen: "Man muss in Tadschikistan Maßnahmen ergreifen und alternative Energiequellen erschließen. Weltweit werden heute Anlagen gebaut, mit denen Sonnenenergie gewonnen wird. In unseren Maschinenbau-Betrieben muss schnellstens mit der Produktion von Solar- und Windkraftanlagen begonnen werden, aber auch Anlagen zur Gewinnung von Biobrennstoffen und Geothermalenergie sollten gebaut werden." Dies werde Tadschikistan helfen, den Energiemangel zu überwinden.

Nigora Buchari-sade, DW-Zentralasien