"Mein Staat, meine Regierung, meine Partei"
16. August 2016Für die meisten Angolaner liegt das Jahr 1979 ziemlich weit zurück. Es war das Jahr, in dem José Eduardo dos Santos erstmals zum Vorsitzenden der übermächtigen MPLA, der "Volksbewegung für die Befreiung Angolas", und damit zum Staatspräsidenten bestimmt wurde.
38 Jahre später, vom 17. bis zum 20. August 2016, hält die ehemals marxistisch-leninistische MPLA ihren siebten ordentlichen Kongress in der angolanischen Hauptstadt Luanda ab. Die wichtigste Entscheidung der fast 2600 Delegierten aus dem ganzen Land steht jetzt schon fest: José Eduardo dos Santos wird Parteivorsitzender bleiben. Der inzwischen 73-jährige Staatschef ist der einzige Kandidat.
Pedrowski Teca beobachtet den MPLA-Kongress für die regimekritische Wochenzeitung Folha 8. "Ich wurde erst 1986 geboren. Wie die meisten Angolaner habe ich nie einen anderen Präsidenten und MPLA-Vorsitzenden erlebt", sagt der Journalist im Gespräch mit der DW. Angola sei eine Diktatur, die sich als Demokratie tarne und die MPLA eine Partei, auf die sich die Diktatur stütze, so Teca: "Wenn du in Angola ein Stipendium oder einen Arbeitsplatz brauchst, dann musst Du in der Partei sein. Ohne MPLA-Parteibuch hast du keine Chance."
Machterhalt als Priorität
Der diesjährige MPLA-Kongress findet in einer Zeit großer wirtschaftlicher und politischer Umbrüche statt. Der Verfall der Rohölpreise auf dem Weltmarkt hat Angolas Wirtschaft massiv geschwächt. Nicht zuletzt deswegen wächst der politische Druck auf das Regime zusehends.
Willy Piassa, unabhängiger Analyst und Bürgerrechtler, erwartet jedoch nicht, dass auf dem Parteitag Lösungen für Probleme wie die schlechte Versorgungslage, die Devisenknappheit, die Arbeitslosigkeit oder die galoppierende Inflation gesucht werden. "In einem Jahr wird in Angola gewählt. Auf dem Parteitag wird es vor allem um die Macht und um den Machterhalt der MPLA gehen", lautet seine Einschätzung. "Ich befürchte, dass das Interesse der Parteiführung wieder einmal vor die Interessen des Volkes gestellt wird."
98 Prozent der Provinzvertreter würden von den 2591 Delegierten per Handzeichen und ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigt, so Journalist Teca. Das gelte auch für den Parteivorsitzenden. "Das ist keine Demokratie! Es ist eine Farce!"
Im März dieses Jahres hatte dos Santos angekündigt, die politische Bühne ein Jahr nach den Wahlen im Jahr 2017 zu verlassen. Teca glaubt nicht daran: "Dos Santos streut dem Volk Sand in die Augen. Seinen Rückzug aus der Politik hat er schon häufig angekündigt. Und immer ist es bei der Ankündigung geblieben."
Verjüngung ja - wenn es in der Familie bleibt
Die Partei gibt an, sich bei dem Kongress entscheidend verjüngen zu wollen. Es soll sogar offizielle Quoten für Frauen und junge Leute geben. Nahezu die Hälfte aller Parteiposten sollen umbesetzt werden.
Bürgerrechtler Piassa bleibt skeptisch. Die MPLA verspreche die Erneuerung seit Jahrzehnten, allerdings ohne sichtbaren Erfolg: "Die alten, konservativen Kräfte in der Partei haben sich immer durchgesetzt, allen voran der Präsident selbst. Es wird nicht leicht, die alten Parteibonzen zu ersetzen, solange der Präsident selbst an der Macht klebt."
Bei den wenigen jungen Leuten, die in die MPLA eintreten, handele es sich vor allem um Familienangehörige der jetzigen Parteiführer, sagt Journalist Teca: "Ohne Beziehungen hat man einfach keine Chance, in der Partei aufzusteigen. Die Parteistruktur ist von Vetternwirtschaft geprägt."
Angola: Republik oder absolutistische Monarchie?
Oftmals werden Posten den eigenen Kindern vererbt. Staatschef dos Santos hat bereits mehrere Schlüsselpositionen im Staat seinen Kindern übertragen: Der Vorstandvorsitz der staatlichen Ölgesellschaft Sonangol hat Präsidententochter Isabel dos Santos inne. Ihre Halbschwester Welwitchia "Tchizé" dos Santos gilt als die einflussreichste MPLA-Abgeordnete und soll jetzt sogar Mitglied des Zentralkomitees der MPLA werden. Und Präsidentensohn José Filomeno "Zenú" dos Santos verwaltet den milliardenschweren Öl-Fonds des Landes. Er soll zudem Stellvertreter seines Vaters als Parteivorsitzender werden. Das behaupten regimekritische Medien. Offiziell bestätigt hat die MPLA-Parteiführung diese Pläne allerdings noch nicht. Ein solcher Schachzug des Präsidenten würde den Weg frei machen für eine "monarchistische" Lösung: Der Sohn des Präsidenten könnte seinen Vater, nach einem möglichen Rücktritt im Jahr 2018, als Staatspräsident beerben.
"Eine monarchistische Lösung scheint immer wahrscheinlicher", bestätigt Bürgerrechtler Piassa: "Wir haben Ähnliches schon in Togo oder Gabun erlebt. Nun könnte auch in Angola der Sohn des Präsidenten dessen Nachfolger werden. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung."