Donald Trump: Kein Interesse an Afrika
23. Juni 2017Gut drei Wochen nach seiner Amtsübernahme nahm Donald Trump erstmals Kontakt mit Afrika auf: In Telefonaten mit Nigerias Muhammadu Buhari und Südafrikas Jacob Zuma versicherte er den Präsidenten der beiden afrikanischen Schwergewichte, dass die USA weiter an guten Wirtschaftsbeziehungen und an einem Ausbau der Zusammenarbeit im Anti-Terror-Kampf interessiert seien.
Kurz darauf kam auch Kenias Uhuru Kenyatta in den Genuss eines Telefongesprächs mit dem US-Präsidenten. Seitdem herrscht weitgehend Funkstille. Die Trump-Administration ist vor allem mit amerikanischer Innenpolitik beschäftigt. Die Außenpolitik spielt kaum eine Rolle; und wenn doch, dann geht es um Russland, den Mittleren Osten, China und Nordkorea - aber nicht um Afrika.
Desinteresse als Sicherheitsrisiko
Ein Problem ist, dass viele der rund 7000 Posten im Regierungsapparat, die in den USA bei jedem Wechsel an der Spitze neu besetzt werden, immer noch vakant sind. So gebe es im State Department, dem US-Außenministerium, bis heute keinen neuen Abteilungsleiter für Afrika, bemängelt Bronwyn Bruton vom Afrika-Zentrum des "Atlantic Council", einem überparteilichen Think Tank in Washington: "Afrika-Politik wird nicht auf der obersten Leitungsebene gemacht, sondern auf der Abteilungsleiter-Ebene", sagt die Expertin. "Wenn es aber keinen Abteilungsleiter für Afrika gibt, dann gibt es auch keine Afrika-Politik - jedenfalls keine aktive." Viele Afrika-Veteranen im außenpolitischen Establishment der USA machten sich Sorgen, dass Amerika durch dieses demonstrative Desinteresse an Einfluss in der Region verlieren könnte, warnt Bruton.
Dies könnte unmittelbare Konsequenzen für die Sicherheitsinteressen der USA haben: Epidemien wie Ebola machen vor Ländergrenzen nicht halt. Flüchtlinge und Migranten aus Afrika streben nicht nur nach Europa, sondern auch in die USA. Und international operierende Terror-Gruppen wie ISIS, Al Qaida, Boko Haram und Al-Shabaab bedrohen nicht nur Amerikas afrikanische Verbündete, sondern auch US-Bürger.
Freie Hand für US-Generäle
Vor allem auf die letztgenannte Bedrohung hatten bereits Trumps Vorgänger Bush und Obama mit dem Ausbau amerikanischer Militär-Präsenz in Afrika reagiert: Neben der großen Basis "Camp Lemonnie" in Dschibuti gibt es inzwischen viele kleinere, über den ganzen Kontinent verteilte Stützpunkte für den Einsatz von Drohnen und Spezialeinheiten.
Donald Trump habe seinen Generälen weitgehend freie Hand im Kampf gegen Terror-Gruppen gegeben, sagt Katie Zimmerman, Sicherheitsexpertin beim "American Enterprise Institute" (AEI), einem konservativen Think Tank. So dürfen die amerikanischen Streitkräfte beispielsweise seit März "eigenständig offensive Aktionen gegen Al-Shabaab-Milizen in Somalia durchführen, um Verbündete der USA zu unterstützen", berichtet Zimmerman. Unter Obama musste fast jede Einzelaktion noch vom Weißen Haus genehmigt werden.
Bronwyn Bruton vom Atlantic Council befürchtet gar eine weitgehende Militarisierung der amerikanischen Afrika-Politik - und opportunistische Allianzen mit Diktatoren und autoritären Herrschern: "Regime, die unter Obama weitgehend geächtet waren, wie die Regierungen Sudans, Eritreas und Simbabwes, freuen sich natürlich, dass es jetzt einen Präsidenten gibt, dem Menschenrechte und Demokratie weitgehend egal sind", kritisiert Bruton. Katie Zimmerman sieht das ähnlich: "Selbst unter Militärs ist unbestritten, dass im Kampf gegen den Terror nur eine breit angelegte Strategie, die auch Verbesserungen bei guter Regierungsführung und wirtschaftlicher Entwicklung beinhaltet, Erfolg versprechend ist", betont die Sicherheits-Expertin des AEI.
Afrika hat viele potentielle Partner
Die spannende Frage ist, ob Trump, der bekanntlich angetreten ist, um Amerika wieder "groß" zu machen, früher oder später auch das wirtschaftliche Potential Afrikas entdeckt. Der Kontinent gilt unter US-Unternehmern als "last frontier", als das letzte unentdeckte Gebiet des globalen Kapitalismus: Sie haben erkannt, dass viele afrikanische Länder nicht mehr nur Rohstoffe exportieren, sondern auch in ihre Infrastruktur investieren und mit einer wachsenden Mittelschicht neue Märkte für US-Firmen bieten.
Auf der hochrangig besetzten Wirtschaftskonferenz "US-Africa Business Summit", die vor wenigen Tagen in Washington stattfand, wurde allerdings auch deutlich, dass sich die Gewichte in den Beziehungen verschieben. Durchaus selbstbewusst wiesen die Afrikaner auf der Konferenz darauf hin, dass sie viele potentielle Partner haben, und Europa und die USA sich anstrengen müssten, wenn sie nicht den Anschluss verlieren wollen: "Wir reden mit China, mit Indien, mit Brasilien und vielen anderen", sagte etwa Abdu Suleye Diop, Repräsentant der marokkanischen Unternehmervereinigung. Andere Teilnehmer betonten, dass ihre Länder keine Hilfsgelder bräuchten, sondern mehr privatwirtschaftliches Engagement: "Der Privatsektor ist effizienter, weil es eine persönliche Verantwortung von Unternehmern gibt", so Betty Gikonyo, Gründerin der kenianischen "Karen"-Krankenhaus-Gruppe.
Hoffen auf Kontinuität
Immerhin: Dass der Unternehmer-Gipfel überhaupt stattfand und sogar US-Handelsminister Wilbur Ross als Redner auftrat, wurde als positives Zeichen gesehen. Schließlich wurde die Konferenz noch in der Ära Obama ins Leben gerufen, und Donald Trump hat bisher kaum eine Gelegenheit ausgelassen, Initiativen seines Vorgängers wieder zurückzudrehen.
Ein weiteres positives Zeichen: Das nächste Gipfeltreffen der AGOA-Initiative, benannt nach einem US-Gesetz zur Förderung des Handels mit Afrika ("African Growth and Opportunity Act") aus dem Jahr 2000, soll wie geplant im August in Togo stattfinden. "Wir werden mit einer sehr großen Delegation in Lomé vertreten sein", verspricht Brian T. Neubert, Leiter des regionalen Medienzentrums des US-Außenministeriums im südafrikanischen Johannesburg. "Bis dahin wird sicher auch deutlicher sichtbar werden, welche neuen Akzente die Trump-Administration mit Blick auf Afrika setzen will."
Bis auf Weiteres ist das Signal von der Arbeitsebene der US-Regierung aber eher: Weiter so! Insofern könnte es auch sein Gutes haben, dass Trump bisher nicht dazu gekommen ist, sich mit Afrika zu beschäftigen. Denn das garantiert zumindest ein gewisses Maß an Kontinuität in der amerikanischen Afrika-Politik.