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Dienen und Herrschen

Christoph Hasselbach25. Juni 2015

Königin Elizabeth II hat der britischen Monarchie großes Ansehen verschafft. Republikaner haben im Vereinigten Königreich bislang keine Chance. Das muss nach dem Tod der Queen nicht so bleiben.

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Königin Elizabeth bei Thronrede (2015) - Foto: Arthur Edwards (WPA)
Bild: Getty Images/A. Edwards

Wozu eine Monarchie? Warum soll im 21. Jahrhundert in einem demokratischen Staat die Rolle des Staatsoberhaupts nicht durch Wahl, sondern durch Geburt entschieden werden? Dazu kommt, dass es beim britischen Monarchen nicht nur um ein Land geht, sondern um mehr als ein Dutzend: Neben dem Vereinigten Königreich ist Königin Elizabeth Staatsoberhaupt von noch 15 weiteren Staaten, zum Beispiel von Australien oder Kanada. Sie steht außerdem der Institution Commonwealth vor. Und sie ist Oberhaupt der Kirche von England.

Die Königin eröffnet das britische Parlament, auf sie werden Treueeide abgelegt, sie ist Oberbefehlshaberin der Streitkräfte, sie ernennt den Premierminister, die Minister, Erzbischöfe und Bischöfe. Doch fast alle Hoheitsrechte, die britische Monarchen formal noch haben, sind in der Praxis auf Regierung und Parlament übergegangen. Seit der Magna Charta, die in diesem Jahr 800 Jahre alt wird, wurde der Monarch immer mehr entmachtet. Was bleibt, ist vor allem das Symbolische.

Über der Politik

Inwieweit Menschen im 21. Jahrhundert eine Monarchie akzeptieren und unterstützen, hängt vor allem davon ab, wie der Monarch die Rolle ausfüllt. Elizabeth II tut das geradezu meisterhaft, findet der Anthony Glees, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Buckingham. Sie habe Pflichterfüllung und den Dienst am Land immer sehr ernst genommen. Vor allem habe sie jede Einmischung in die Politik strikt vermieden. "Sie ist politisch vollkommen antiseptisch."

Elisabeth, Premierminister Cameron und Minister sitzen um den Kabinettstisch - Foto: Jeremy Selwyn
Die Queen als Gast bei einer Kabinettssitzung in Downing Street Nr. 10: Immer mehr entmachtetBild: Reuters

Trotzdem heißt es, Elizabeth II habe Vorlieben nicht ganz verbergen können. So sei sie von den vielen Premierministern, die seit ihrer Thronbesteigung 1952 amtiert haben, besonders gut mit Harold Wilson zurechtgekommen, dessen Labour-Partei seit jeher Vorbehalte gegen das monarchische System hat. Wichtig für die Akzeptanz sei auch, meint Glees, dass die Königin und andere Mitglieder der königlichen Familie für die Menschen sichtbar sind, nicht nur im Fernsehen: "Die britische Monarchie ist sehr gut darin, rauszufahren und den Leuten zu begegnen, und die Leute lieben es."

"Undemokratisch, undurchsichtig, verschwenderisch"

All das überzeugt Graham Smith nicht. Er ist Geschäftsführer der Bewegung "Republik", die sich die Abschaffung der britischen Monarchie auf die Fahnen geschrieben hat. Denn: "Die Monarchie ist undemokratisch, sie ist undurchsichtig, sie ist keine Rechenschaft schuldig, sie steht nicht für Großbritannien, wie es wirklich ist." Diese Staatsform verschwende Steuergelder und erfülle einfach nicht die "hohen Standards, die wir von einem Staatsoberhaupt erwarten sollten", meint Smith.

Auch eine lässigere Monarchie nach skandinavischem Vorbild würde es aus Sicht des Republikaners nicht besser machen. "Es gibt keine akzeptable Monarchie. Die dänische ist so schlecht wie die britische, egal, wie unauffällig sie ist. Auch die dänische Monarchie verschwendet öffentliche Gelder." Das Argument, die Monarchie sei als Tourismusförderer jeden Penny wert, wischt Smith ebenfalls beiseite. Nichts spreche dafür, dass weniger Touristen kämen, wenn das Land keine Königin mehr hätte.

"Der einzige Fehler"

Es gab mindestens einen Moment in Elizabeths Regierungszeit, da konnte sich Graham Smith gewisse Hoffnungen machen. Das war 1997, als die damals schon von Prinz Charles geschiedene, aber immer noch sehr beliebte Prinzessin Diana bei einem Autounfall ums Leben kam. In London herrschte eine öffentliche Trauer, wie man sie von den eher kühlen Briten nicht gewohnt war.

London, Buckingham Palace: Trauer nach Tod von Lady Diana (1997) - Foto: Dave Gaywood (AFP)
Trauer um Lady Diana (1997): Stimmung im Volk völlig falsch eingeschätztBild: picture-alliance//AFP/D. Gaywood

Die Königin schätze die Stimmung im Volk völlig falsch ein und lehnte es zunächst ab, von ihrem schottischen Urlaubsort Balmoral nach London zurückzukehren. Das legten ihr viele als Kaltherzigkeit aus. Auf den dringenden Rat des damaligen Premierministers Tony Blair hat sie schließlich die Flagge auf dem Buckingham-Palast auf Halbmast setzen lassen und ist nach London zurückgekehrt. "Seitdem hat sie keinen Fehler gemacht", gibt sich Anthony Glees überzeugt.

Briefe schreiben oder schweigen

Eine große Mehrheit ihrer Landsleute ist mit ihr zufrieden. Was Thronfolger Charles betrifft, so sieht die Sache etwas anders aus, wenn auch nicht dramatisch. Charles' Problem sei, glaubt Glees, dass er sich in viele gesellschaftliche und politische Dinge eingemischt habe, im Gegensatz zu seiner Mutter. Ein Beispiel: Beide seien Anhänger der Homöopathie. "Doch die Königin sagt dazu nichts in der Öffentlichkeit, während Prinz Charles einen Brief nach dem anderen an Gesundheitsminister schreibt und rät, die Homöopathie solle vom staatlichen Gesundheitssystem bezahlt werden." Charles gerate damit genauso wie mit seinen Ansichten über Architektur in Kontroversen, die nicht zur Rolle eines angehenden Monarchen passten, befürchtet Glees.

Auf der anderen Seite unterstütze er mit seiner Stiftung arbeitslose Jugendliche, was sehr gut ankomme. Dass Charles bei einer Thronfolge übergangen werden und die Krone beim Tod seiner Mutter direkt auf den beliebten Enkel Prinz William übergehen könnte, das jedenfalls schließt Glees aus, "es entspricht einfach nicht der Natur der britischen Monarchie."

Wer kennt schon den deutschen Bundespräsidenten?

Der Republikaner Graham Smith weiß, dass er gegen eine breite royalistische Mehrheit kämpft. Er glaubt aber, dass viele Briten der Monarchie einfach gleichgültig gegenüberstehen und einen Denkanstoß brauchen. "Die nächste Thronfolge wird die Debatte beleben." Monarchisten haben argumentiert, die Königin fördere nicht zuletzt das nationale Prestige. Denn wer kenne schon den deutschen Bundespräsidenten - so gut wie jeder auf der Welt kenne dagegen die britische Königin, geben treue Untertanen zu bedenken. Graham Smith lässt auch das nicht gelten: "Offensichtlich braucht Deutschland kein weltberühmtes Staatsoberhaupt, weil es eine weltberühmte Kanzlerin hat."

Deutschlandlandbesuch der Queen Elisabeth II und Bundespräsident Joachim Gauck (Foto: rtr)
Bundespräsident Gauck und Elisabeth II: Unterschiede im weltweiten BekanntheitsgradBild: Reuters/M. Schreiber

Die Stimmung in Deutschland selbst könnte ihn allerdings beunruhigen: Nach der jüngsten Umfrage dazu von 2013 wünscht sich knapp jeder fünfte Deutsche wieder einen deutschen Monarchen, unter jungen Leuten sogar jeder Dritte. Und diese monarchische Aufwallung steigt regelmäßig bei Besuchen der britischen Königin.